Schattenjagd
Wir haben bereits knapp 1.000 Höhenmeter reine Abfahrt bewältigt und sind gerade mal auf halbem Weg ins Tal. Kaj, Josh und Alex traversieren zum Einstieg in einen breit angelegten Fächer feinster Spine Lines. Sie suchen nach den Stellen, die noch keine Sonneneinstrahlung erfahren haben. Der Schatten hat den Powder tatsächlich geschützt und so finden sie in vielen Pockets noch feinsten Cold Smoke, obwohl die letzten Schneefälle bereits eine Woche zurückliegen. Wir überqueren den Gletscher am Fuße der Spines mit unseren Fellen, um dem langsam aufweichenden Schnee zu entkommen. Auf dem Brenva-Gletscher finden wir schließlich wieder bessere Bedingungen, da dieser noch im Schatten der Aiguille Noire de Peuterey und Les Dames Anglaises liegt. Zu unserer Linken erstreckt sich ein Potpourri aus Gletscherspalten. Dennoch ist dies die sichere Route hinunter ins Tal und als Bonus hat diese noch einmal 1.000 Extra-Höhenmeter zu bieten, die uns durch lockeren Pulverschnee bis hinunter zum Parkplatz an der neuen Gondel führen.
Aus alt mach neu
Vom „Hotel Funivia“ in La Palud, das uns beherbergt, war es immer nur ein kurzer Fußweg zur alten Gondel am Monte Bianco. Diese wurde ursprünglich in den 1930er-Jahren gebaut, doch während des Zweiten Weltkriegs wurden die Stahlseile von französischen Kampfpiloten gekappt, kurz nachdem sie geöffnet hatte. Erst 1948 wurde die Gondel für die Öffentlichkeit wieder in Betrieb genommen. 1958 schließlich wurde die legendäre Verbindung zur Aiguille du Midi geschlagen. Damals brauchte man noch knapp 40 Minuten von La Palud bis hinauf zur Punta Helbronner auf 3.462 Metern Höhe. Die alte Gondel konnte jeweils nur 30 Menschen befördern und kroch förmlich hinauf zum „Pavillon“ auf 2.173 Metern, bis eine zweite Gondel die Alpinisten und Skifahrer zum „Rifugio Turino“ auf 3.375 Metern brachte.
Der Clou ist nämlich, dass die Gondeln selbst eine langsame komplette Drehung um die eigene Achse vollziehen, während sie hoch zum Gipfel schweben.
Hier warteten noch immer 228 Metallstufen, die einen endlich zum Gipfel führten. Es war jedes Mal ein langwieriger Prozess, der einiges an Planung und Einsatz verlangte, damit man hier zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Nur wenige Skifahrer nahmen diesen Aufwand auf sich und so stand die Menge derer, die sich hier hoch verirrten, im krassen Kontrast zu dem, was auf der französischen Seite der Aiguille du Midi passierte. Das alles änderte sich mit der Eröffnung der „Skyway Monte Bianco“ am 30. Mai 2015. 110 Millionen Euro wurden in die Hand genommen, um in vier Jahren ein Meisterwerk der Personenbeförderung entstehen zu lassen. Die neue Gondel ist State of the Art und die Stationen sehen aus wie Raumstationen. Jede der zwei Gondeln kann bis zu 80 Passagiere befördern, die auf ihrem Weg nach oben ein perfektes 360-Grad-Panorama erleben dürfen. Der Clou ist nämlich, dass die Gondeln selbst eine langsame komplette Drehung um die eigene Achse vollziehen, während sie hoch zum Gipfel schweben.