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Einsam ist am Schönsten

Josh kann sich nun an Alex’ Spuren orientieren und stürzt mit weiten, offenen Schwüngen das Face hinab, Kaj und Tony folgen. An den umliegenden Hängen sehen wir Leu­te, die sich die Hänge hinaufquälen oder be­reits abfahren. Aiguille du Tacul und die anderen Klassiker hatten heute eine Menge Zulauf. Die zahllosen Tracks hinunter ins Vallée Blanche bezeugen das. Wir hingegen sind stets von der italienischen Seite aus gestartet und waren fast bei jedem Run die Ersten an diesem Tag. Auf unserem gesamten Weg hinab ins Tal finden wir noch unverspurte Pockets und der Schnee ist immer noch fluffig wie am Morgen. Während wir im Skating-Schritt das Mer de Glace überqueren, sind wir mehr als nur stoked. Wir saugen diese beson­de­re Chamonix-Energie und den Flow dieses Tals auf und genießen den Moment. Das Soul-Bier am Kiosk der Station Montenvers macht diesen perfekt – und auch Kajs Geburtstag, der heute ist. Wer hätte gedacht, dass man einem solch alten Hund nicht doch noch etwas Neues zeigen könnte? Kaj ist high vom Moment! Be­vor zu viele Drinks die Ziele des nächsten Morgens zunichtemachen, schaffen wir den Absprung und neh­men den Shuttle zurück nach Cour­mayeur. Abends entscheiden wir uns zum Dinner im „Ristorante Mont Frety“, das mit seiner offenen Atmosphäre und modernen italienischen Fusion-Küche besticht. Skifahren wird in Italien sowieso mehr als appetitanregende Aktivität gesehen. Hier kann man seinen Appetit total befriedigen.

Das Soul-Bier am Kiosk der Station Montenvers macht diesen perfekt – und auch Kajs Geburtstag, der heute ist. Wer hätte gedacht, dass man einem solch alten Hund nicht doch noch etwas Neues zeigen könnte?

It’s Lunch time

Am nächsten Morgen ist es wolkig – die ersten Wolken, die wir diese Woche sehen. Da wir die letzten Tage per­fektes Wetter genießen durften, ha­ben wir heute eigentlich keine Eile. Also entscheiden wir uns, erst mal einen Kaffee trinken zu gehen und die Situation auszusitzen. Als es schließlich aufbricht, wollen wir zwei Laps nahe der Gondel drehen: Cables und Marbrées, zwei Klassiker die morgens gerne als erste Runs gefahren werden. Beide Runs sind stumme Zeugen des guten Wetters der letzten Tage und komplett mit Tracks durchzogen. So entscheiden wir uns doch für die Ab­fahrt über den Toula-Gletscher. Der Schnee ist nicht mehr so perfekt wie während der letzten Tage, aber wir haben trotzdem je­de Menge Spaß auf unserem Weg hinunter zum ­„Pavillon“.

Dort sind wir unentschlossen, ob wir noch eine Runde drehen sollen, als wir Oscar im Restaurant entdecken, der sich gerade ein Gläschen Weißwein und sein Mittagessen gönnt. Er will wissen, wie unsere letzten Tage wa­ren und wir geraten mal wie­der ins Schwärmen. Er versteht uns, konnten wir doch Lines fahren, die selbst er und Tony als Locals dieses Jahr noch nicht wagen konnten. Tony ergänzt noch, dass seine Beine schon ziemlich schwer seien, er aber unbe­dingt noch weitere Stunden auf der italienischen Seite der Massivs verbringen wolle. Oscar schüttelt nur den Kopf. „Viele der ausländischen Skifahrer entdecken diese Seite neu und wissen dann einfach nicht, wann Schluss ist. Immer wieder hoch und runter, hoch und runter. Wir Italiener starten frühmorgens und um Punkt ein Uhr stehen unsere schweren Bei­ne unter dem Tisch zum Mittagessen. Das ist der italienische Weg”, belehrt er uns lächelnd. Welch weise Worte von einem Mann, der schon so viel in diesen Bergen erlebt hat, und wir verstehen den Wink mit dem Zaunpfahl. Wir werden nicht mehr hochfahren. It’s lunch time.

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