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Höhenkrankheit

Alles ist noch komplett neu und im tadellosen Zustand. Diesen will man bewahren. Als wir unsere Ski ge­gen die Wand lehnen, werden wird freundlich, aber direkt aufgefordert, die vorgesehenen Skiständer zu be­nutzen: „Please put them on the racks provided. Grazie!“ Als jemand, der noch vor ein paar Jahren die alte „Funivie Monte Bianco“ zusammen mit Andreas Fransson ge­nom­men hat, bin ich vom modernen Wandel etwas überrumpelt, um nicht zu sagen schockiert. Doch nur im ersten Moment. Zwar ist der rustikale Charme verloren und es fühlt sich ein wenig so an, als wäre diese Gondel nur für die Massentouristen aus den vielen Bussen am Parkplatz errichtet worden, doch Oscar Taiola, ein lokales Urgestein, kann mir diesen Eindruck schnell nehmen. Er heißt uns herzlich willkommen, als er zu uns in die Ka­­bi­ne steigt. Er ist der Sicher­heits­be­­auf­trag­te der neuen „Sky­way“-Gondel und hatte schon 30 Jahre lang bei der alten Gondel die­se Position inne. Ich frage ihn, wie die neue Gondel hier alles verändert habe, auch in Bezug auf die Sicherheit. „Früher hat es 40 Minuten vom Tal zum Gipfel gedauert. Jetzt sind es 15! Das hat natürlich zur Folge, dass mehr Men­schen Höhenkrankheit erleiden. Nicht jeder steckt es so ein­fach weg, in wenigen Minuten auf 3.500 Meter verfrachtet zu werden”, ist seine schlichte Antwort. Doch fügt Oscar mit leuchtenden Augen hinzu: „Die ,Skyway Monte Bianco‘ hat so viele Men­schen hergebracht, die un­se­re wun­der­schönen Berge sehen wollen. Mich als Bergführer macht das sehr glücklich. Vorher warteten 1.000 Leu­te in langen Schlangen, um dieses Er­leb­nis zu haben. Nun brin­gen wir täg­lich bis zu 4.000 Men­­schen hier hi­­nauf, ohne dass sie lan­­­ge warten müssten.”

Diese Zahlen be­deuten aber nicht unbedingt, dass mehr Ski­fah­rer ihren Weg hier hoch finden. „Die Zahlen werden größten­teils im Som­mer erreicht“, erklärt Os­­car. Das Skifahren hat sich hier also Gott sei Dank noch nicht großartig verändert. Noch immer gibt es kei­ne Piste, keine Schilder und keine Ski Patrol. „Wir sind immer noch die einzige Freeride-Area in ganz Italien”, erinnert uns der Sicherheitschef. Früher waren zwei Runs am Helbronner das Pen­sum, das man an einem Morgen be­wältigen konnte, bevor es zu warm würde, jetzt sind es locker sechs Laps mit der neuen Gondel und dement­sprechend mehr Lines. Allein der Ge­danke daran, wie viele Hö­hen­meter man da einstreichen kann, ehe die Be­din­­gun­gen es einem ver­bieten, soll­te das Herz eines jeden Pow­der­hounds schneller schlagen lassen.

 

Die Bedingungen sind perfekt! Er zieht eine riesige Men­ge Sluff nach sich, während er sich mit kraftvollen Turns seinen Weg von links quer über das Face nach rechts bahnt. Unter ihm zieht sich ein Gletscherabbruch, über den die staubende Sluff-Wolke schießt.

Neue Ziele

Heute ist keine Wolke am Himmel und kaum ein Lüftchen regt sich. Von der Terrasse des Restaurants kund­schaftet Tony die Bergflanken aus. Bisher sind noch keine Aufstiegs­­spu­ren in Richtung Pointe Yeld, unserem heutigen Objekt der Begierde, zu se­hen. Also macht sich die Crew auf zum Géant. Wo man normalerweise nach rechts zum klassischen Marbrées Run abbiegt, ziehen Tony, Alex, Josh und Kaj heute ihre Felle auf. Pointe Yeld ist das Ziel! Mattias, Jay und ich fahren weiter ab ins Vallée Blanche und suchen eine gute Position, von der aus wir das Face über­blicken können, das aus einer per­fekt geschützt liegenden dicken blauen Gletscher­zun­ge besteht, die unter einer knitterfreien Schnee­decke liegt. Der Drop-in zur Line liegt nur unweit des Gipfels an einem Punkt oberhalb eines 200 Me­ter langen Rollers, der ins Nichts zu führen scheint. Alex, der die Line schon mehrmals gefahren ist, macht den Anfang. Die Bedingungen sind perfekt! Er zieht eine riesige Men­ge Sluff nach sich, während er sich mit kraftvollen Turns seinen Weg von links quer über das Face nach rechts bahnt. Unter ihm zieht sich ein Gletscherabbruch, über den die staubende Sluff-Wolke schießt. Man sieht seinen Turns an, dass er ein ehemaliger Rennläufer des Nationalteams ist. Eine beeindruckende Performance – vor allem vor einer solch atemberaubenden Kulisse.

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