Freerider und Content-Manager David Kantermo von Stellar Equipment im PRIME Interview über die Ursprüngen der skandinavischen Brand und wie sie sich auf dem hart umkämpften Outerwear Markt gegen die großen Konkurrenten durchsetzen wollen.
Dieses Interview stammt aus der PRIME Skiing Print Ausgabe #23.
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Interview: Roman Lachner
Hallo David! Du warst ja von Anfang an bei Stellar mit an Bord, als die Brand im Oktober 2015 ins Leben gerufen wurde, und arbeitest eng mit Fredrik Dahl und John Crawford-Currie zusammen. Die beiden Gründer können auf eine beeindruckende Outdoor-Karriere zurückblicken. John hat als Verleger für Åka Skidor und Fredrik als Produktdesigner für Marken wie Peak Performance, The North Face und andere große Marken gearbeitet. Warum haben sich die beiden auf das Wagnis einer eigenen Brand eingelassen?
Sie hatten beide den Eindruck, dass viele Dinge in der Outdoor-Branche in den letzten Jahren stagnierten oder sich sogar negativ entwickelten. Lieferketten wurden länger, an den falschen Ecken wurde gespart und der Vertrieb über Shops oder gar Outlets auf ein Maximum aufgeblasen. Und um jede Saison neue Produkte oder gar ganze Kollektionen zu präsentieren, mussten natürlich immer wieder neue Designs entwickelt oder bestehende abgeändert werden. Dieses Modell führte ihrer Meinung nach in eine Sackgasse, denn viele Brands hatten den Fokus, ihre Styles wirklich verbessern zu wollen, aus den Augen verloren.
Es war fast so, als würden sich die Brands von den Endverbrauchern entfernen oder den Käufer erziehen wollen, anstatt auf deren Bedürfnisse einzugehen. Fredrik und John spürten, dass sich etwas verändern musste, und beide waren damals persönlich und beruflich bereit für einen Neuanfang.
Das war sicher keine einfache Reise, oder? Es ist ja nicht so, dass ganz Schweden auf eine weitere hochklassige Brand aus Skandinavien gewartet hätte! Was wolltet ihr demnach anders machen, um euch von der Konkurrenz abzusondern? Und wie lange habt ihr vor dem Launch an den ersten Modellen getüftelt?
Die ersten Samples wurden bereits im Jahr vor der Markteinführung entwickelt und konnten somit ausgiebig im Schnee getestet werden. Und um deine Frage nach dem Stellar-Alleinstellungsmerkmal zu beantworten: Wir wollten Bekleidung produzieren, deren cleaner und zeitloser Look nicht aus der Mode geraten kann. Zudem versuchen wir, alle unnötigen Features wegzulassen, um somit die Langlebigkeit der Produkte zu erhöhen. Intern haben wir es „reduktives Design“ getauft.
Der Käufer sollte also optisch und funktional für Jahre mit einem Stellar-Outfit über die Runden kommen. Ein weiterer, wenn nicht sogar der wichtigste Punkt ist aber, dass wir auf Zwischenhändler verzichten, die einen gewaltigen Kostenberg produzieren. Ohne diesen üblichen, aber teuren Vertriebsweg können wir die besten Materialen verwenden, aber gleichzeitig unsere Ware deutlich günstiger anbieten als die Konkurrenz.
Okay, der Preispunkt wegen eures Direktvertriebs geht klar an euch. Auf der anderen Seite müsst ihr euch euer Publikum aber hart arbeiten. Mit euren Stores in Åre und Zermatt sowie eurem Webshop erreicht ihr lediglich Käufer, die explizit nach euch suchen. An dieser Tatsache sind in der Vergangenheit schon eine Handvoll Ski-Brands zerbrochen.
Da hast du sicher recht, aber unser System hat neben dem günstigen Preis noch einen weiteren essenziellen Vorteil.
Ich glaube, wir sind viel näher am Kunden als Marken mit klassischen Vertriebswegen, weil wir in unseren zwei Shops einen viel direkteren Kontakt zu den Käufern pflegen können. So sind wir in der Lage, gezielter auf alle Themen einzugehen, die den Freerider da draußen beschäftigen – durch das Design, den Kundenservice, den Versand und die Werbung. Und die Leute sprechen wirklich mit uns und teilen uns ihre Bedürfnisse mit. Das ist wahrscheinlich der wichtigste Aspekt unseres Projekts. Im Grunde versuchen wir einfach, so authentisch und ehrlich wie möglich zu bleiben.
Dazu benötigen wir sicherlich keine hübschen Models, die auf einem verschneiten Gipfel lässig in die Kamera glotzen.
Skifahren ist ein Gesellschaftssport und wir sind ein Haufen glücklicher Freerider. Genau das wollen wir vermitteln und alle sind eingeladen, uns bei den Ausflügen in den Powder zu begleiten.
Ihr wollt doch sicher wachsen. Habt ihr neben euren beiden Stores schon weitere Standorte in Planung?
Natürlich. Bislang ist aber noch nichts in trockenen Tüchern. Wir werden aber bestimmt in weiteren Ski-Metropolen in Europa auftauchen und dann auch in Nordamerika und Japan Shops eröffnen.
Lass uns noch mal auf eure Produkte zurückkommen – beziehungsweise ein ganz bestimmtes: Euer meistverkauftes Modell, die Stellar „Shell Jacket“, ist seit der Gründung des Unternehmens komplett unverändert geblieben. Ihr seid also schon sehr überzeugt, dass mit dem aktuellen Stand der Technik das Maximum aus der Jacke herausgeholt wurde?
Sind wir. Im Stellar Shell System, das aus Baselayer, Insulation und einer dreilagigen Jacke besteht, haben wir auf alle unnötigen Details verzichtet und verwenden nur Materialien, die wir für die derzeit besten auf dem Markt erachten. Das Design des Trios ist so perfekt aufeinander abgestimmt, dass man beim Tragen kaum die einzelnen Komponenten spürt. Genau dieses Ziel wollten wir erreichen.
Aus unserer Sicht ist das Shell System perfekt und wir müssen nichts daran ändern. Aber natürlich sind wir ständig auf der Suche nach nachhaltigeren Materialien und verbesserten technischen Lösungen. Und wenn wir sie finden, ändern wir die Produkte. Aber nicht vorher.
Da bringst du mich gleich auf den nächsten Punkt. Das Thema Nachhaltigkeit ist nicht erst seit Greta Thunbergs Kampf gegen die Untätigkeit in der Gesellschaft und somit auch in der Outdoor-Branche angekommen. Welche Maßnahmen ergreift ihr, um den Stellar-Footprint so gering wie möglich zu halten?
Um ehrlich zu sein, ist es im Moment definitiv nicht möglich, komplett umweltfreundliche Outdoor-Bekleidung herzustellen. Das Gegenteil zu behaupten und mit Öko-Claims hausieren zu gehen, wie es einige Brands tun, ist schlichtweg falsch. Leider ist es in Mode geraten, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen, denn selbst Marken, die ihr ökologisches Bewusstsein in den Vordergrund stellen, betreiben Greenwashing.
Ein weiteres Problem ist, dass die Kunden umweltfreundliche Produkte wollen, allerdings nicht bereit sind, auf die technische Leistungsfähigkeit zu verzichten, die sie gewohnt sind – eine Kombination, die mehr oder weniger unmöglich zu erreichen ist. Wenn man sich eine PFC-freie Jacke kauft, muss man sich im Klaren darüber sein, dass sie nicht die gleiche Performance abliefern wird wie mit dem chemischen Schadstoff. Das führt dazu, dass sich der Stoff schneller abnutzt und früher ein neues Modell gekauft wird.
Haben wir also etwas damit gewonnen, wenn wir auf PFC verzichten, aber dafür die Langlebigkeit verringern?
Das ist wirklich eine extrem schwer zu beantwortende Frage. Doch die Entwicklung schreitet stetig voran und kommt dem Ziel umweltverträglicher Outerwear-Stoffe langsam, aber sicher näher. Im Allgemeinen gilt: Je nachhaltiger die Herstellungsmethoden und je teurer die Materialien, desto besser sind sie aus grüner Sicht. Wir benutzen wie bereits erwähnt die hochwertigsten Stoffe, die es derzeit gibt. Und unser Geschäftsmodell ohne Einzelhändler, ohne Distributoren und ohne saisonale Kollektionen hinterlässt zudem einen deutlich geringeren Fußabdruck.
Wir sind bei Weitem nicht perfekt, aber wir streben danach, bei jedem einzelnen Schritt unser Bestes zu geben.
„Nobody is perfect“, heißt es doch treffend. Dann wünschen wir euch viel Erfolg für die Zukunft!