Christian Haas ist bei Fischer Product Manager und spricht im exklusiven Interview ausführlich über die neuen Ranger Modelle, deren Entwicklung, Bauweise, Vor- und Nachteile sowie vieles weitere.
Die Fischer „Ranger“-Linie ist das Ergebnis von 30 Monaten intensiver Zusammenarbeit von Team-Athleten, Shop-Mitarbeitern, Skientwicklern und passionierten Skifahrern mit dem klaren Ziel, mehr aus jedem Skitag herauszuholen, unabhängig von den Bedingungen oder dem Gelände. Christian Haas bündelte alle Eindrücke von der Konzeption bis hin zu den letzten Feinabstimmungen der neuen Kollektion. Das Ergebnis dieses riesigen Projekts kann sich mehr als sehen lassen.
Brand Interviews 2023: Fischer
Interviewpartner: Christian Haas – Product Manager
Interview: Roman Lachner
Hallo Christian! Vergangenen Winter hatte ich Jan Ekmark, Head of Marketing bei Fischer, zum Launch eurer komplett überarbeiteten „Ranger“-Kollektion befragt. Dabei drehte sich das Interview eher um das gesamte Projekt als um die Konstruktion der einzelnen Modelle. Das wollen wir jetzt ändern und haben mit dir als Produktmanager genau den richtigen Ansprechpartner zur Verfügung. Bevor wir ans Eingemachte gehen, kannst du uns schon sagen, wie die Kollektion im Handel angenommen wurde?
Die neuen „Ranger“-Modelle sind für uns ein voller Erfolg.
Die Bestellungen im Segment der All-Mountain- und Freeride-Modelle konnten mit der neuen „Ranger“-Linie im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt werden.
Okay, da kann man dann tatsächlich von einem Erfolg sprechen. Ihr habt insgesamt fünf neue „Ranger“-Modelle eingeführt, von 116 Millimeter bis hinunter zu 90 Millimeter. Bei euren sechs einstigen Modellen hattet ihr drei Directional-Ski mit Titanal und drei eher spielerische Ski ohne Metall im Sortiment. Jetzt habt ihr dem gesamten Quintett eine Titanal-Begurtung spendiert, diese aber über eure neue Shaped-Ti-Technologie den jeweiligen Breiten und Bedürfnissen angepasst. Wie dürfen wir uns das im Detail vorstellen?
Wie du schon erwähnt hast, hatten wir bei den alten Modellen die „Ranger“-Modelle in zwei Kategorien aufgeteilt: „Ranger FR“ und „Ranger Ti“. Tatsächlich haben sich diese zwei unterschiedlichen Kategorien gegenseitig kannibalisiert. Es stellte sich beispielsweise für viele Konsumenten die Frage, ob denn der „Ranger 99 Ti“ mit Metall oder doch der etwas breitere, aber agilere „Ranger 102 FR“ die richtige Wahl wäre.
Bei der neuen Linie haben wir als Basis für jede Mittelbreite den typischen Konsumenten (einen Avatar) und dessen Vorlieben erarbeitet und dieses Anforderungsprofil dann in die einzelnen Modelle eingearbeitet. Wir wissen zum Beispiel, dass Konsumenten, die einen Ski mit einer Mittelbreite von 116 Millimetern suchen, einen Flex benötigen, der in der Schaufel und im Tail relativ weich ist, um das Eindriften in den Turn zu erleichtern.
Genau diese Abstimmung ermöglicht spielerisches Powdern.
Ebenso wissen wir, dass Skifahrer, die sich einen Ski mit einer Mittelbreite von 90 Millimetern kaufen wollen, mehr Laufruhe, mehr Kantenstabilität, mehr Kantenlänge und damit auch mehr Präzision benötigen.
Wenn man sich dann die Anforderungsprofile für gängige Mittelbreiten vor Augen führt, wird man feststellen, dass diese Charakteristiken einen nahezu linearen Verlauf in Relation zu den Mittelbreiten besitzen.
Das heißt also: Je breiter der Ski wird, umso mehr Rocker und Taper benötigt er.
Mit zunehmender Breite sollte ein Ski spielerischer im Handling sein, was wir durch Shaped Ti erreichen, also jeweils in Shape und Länge angepasste Titanal-Lagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ski fakie gefahren wird, nimmt mit der Breite zu. Schmalere Ski werden eher auf der Piste gefahren, benötigen also eine längere effektive Kante und ein flaches Tail. Schmale Ski benötigen zudem mehr Kantenstabilität und Laufruhe. Auch das erreichen wir durch eine längere Titanal-Lage.
Das klingt alles sehr logisch für mich. Ich bin mir aber sicher, dass die Abstimmung aller Parameter für eure neuen „Ranger“ alles andere als einfach war. Wie viele Anläufe habt ihr denn benötigt, um euch für die finalen Versionen der fünf unterschiedlichen Metall-Laminate festzulegen? Und worin bestand die größte Hürde?
Die Abstimmung der einzelnen Ski war ein Prozess über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Wir haben für jede Mittelbreite ein eigenes Testteam von internationalen Teamridern zusammengestellt, die mit uns erst das jeweilige Anforderungsprofil erarbeiten und dann die Prototypen daraufhin analysieren sollten.
Die größte Challenge war in diesem Prozess, dass wegen der Pandemie jeder für sich selbst testen musste und wir erst anschließend die Ergebnisse zusammentragen konnten.
Zugleich war diese Hürde sicherlich auch ein Schlüssel zum Erfolg, weil wir dadurch gleichzeitig Ski in den USA, in Skandinavien und in Europa bei unterschiedlichsten Bedingungen im Schnee hatten. Via Online-Meetings haben wir die vielen Eindrücke dann gemeinsam auf einen Nenner gebracht.
Und daraus habt ihr dann die unterschiedlichen Shapes der Titanal-Lagen herausgearbeitet. Ist Shaped Ti das maßgebliche technische Feature, das die „Ranger“ charakterisiert?
Die Technologie, die sich über alle Modelle zieht und den größten Einfluss auf die Performance hat, ist sicherlich Shaped Ti. Daneben gibt es aber eine Vielzahl von Parametern, die perfekt aufeinander abgestimmt werden müssen: Rocker, Taper, Schaufelhöhe, Tail-Höhe, Flexcut-Ausschnitt, Biegesteifigkeit und Sidecut.
Bei eurem Launch der neuen Kollektion, zu dem ihr die gesamte Ski-Journaille eingeladen hattet, fand ich es übrigens äußerst sympathisch, dass ihr offen kommuniziert habt, euch in der ersten Planungsphase auch die Modelle der Konkurrenz genau unter die Lupe genommen zu haben, die in Nordamerika zu den Topsellern gehören. Habt ihr euch sozusagen Technologie-Rosinen herausgepickt? Ich stelle mir das jedenfalls extrem interessant vor, wenn man als Skientwickler ganz genau die Arbeit der Konkurrenz begutachten darf.
Wie du schon gesagt hast, haben wir uns die erfolgreichen Mitbewerber genau angesehen und von deren Modellen den Flex analysiert, den Seitenzug vermessen und die Fahreigenschaften definiert, ob diese mit den von uns ermittelten Avataren zu den einzelnen Mittelbreiten passen und ob sie auf unsere Zielsetzungen zutreffen würden.
Es ging uns dabei also nicht um das Kopieren von Technologien, da dies nicht zum Erfolg führen würde.
Die Mitbewerber arbeiten meist mit anderen Produktionssystemen und Produktionsparametern. Beide kennen wir nicht und oftmals sind Technologien zudem durch Patente geschützt. Da will man kein unnötiges Risiko eingehen. Wir haben uns ohnehin schon immer darauf fokussiert, mit unseren eigenen Technologien zu arbeiten und diese dann auch weiterzuentwickeln.
Der Ursprungsgedanke der Shaped Ti lag beispielsweise in der Verwendung von Titanal bei den ehemaligen „Ranger Ti“-Modellen beziehungsweise in der Optimierung der Geometrie.
Wie habt ihr euch überhaupt an dieses große Projekt herangewagt? Und wie habt ihr aus den vielen Eindrücken dann eure Palette von Prototypen kreiert?
Wir wussten, dass wir für den Bereich All Mountain/Freeride etwas Neues machen müssen. Ferner kannten wir die positiven und negativen Eigenschaften der damaligen „Ranger“-Modelle – auch das unglaubliche Potenzial der Kollektion, denn der pinke „Ranger 102 FR“ hatte sich extrem gut verkauft.
Genau das wollten wir auch für die neuen Modelle erreichen, womit der Startschuss für dieses Projekt gefallen war. Wie bereits erwähnt waren dann die Avatare, also die virtuellen Endkonsumenten, und deren Bedürfnisse die Basis für das Anforderungsprofil der einzelnen Modelle beziehungsweise auch die Basis für die Prototypen-Erstellung.
Lass uns noch einen Blick auf die Touring-Kollektion werfen: Fließen in diese Modelle zukünftig eventuell Ideen aus der „Ranger“-Kollektion ein?
In der neuen Tourenski-Kollektion der Saison 2023/24 wird sich auch die Shaped-Ti-Technologie wiederfinden. Nicht auf identische Art und Weise, aber entsprechend auf die Bedürfnisse zugeschnitten.
Fischer: Produkthighlights 2022/2023
Fischer Ranger 108 2023
Der für 2023 überarbeitete „Ranger 108“ ist ein vielseitiger, leistungsstarker Freeride-Ski. Mit einer Sandwich-Seitenwangenkonstruktion und einer Kombination aus Buchen- und Pappelholzkern agiert der 108er reaktionsfreudig, läuft aber stabil und hat dank seiner Shaped-Ti-Titanal-Platte eine kraftvolle Performance. Gleichzeitig sorgt das Metall für eine angenehme Dämpfung, wenn es etwas ruppiger werden sollte.
Vor allem im feinsten Tiefschnee lassen sich die Stärken des „Ranger 108“ voll ausspielen. Er wurde für abwechslungsreiche Powder-Tage entwickelt und gibt Stabilität und maximale Kontrolle für alle Runs. Ein absolut gelungenes Set-up, das einfach Lust auf Skifahren macht.
- Längen: 171, 178, 185, 192 cm
- Radius: 18,0 m (185 cm)
- Shape: 143/109/134 mm
- Preis: 749,99 Euro
