Karl Fostvedt aka Crazy Karl erzählt uns im exklusiven Interview Details über seine „Brap Ski“ Filme, seine Idole, Pläne für die Zukunft und wie er versucht sein Leben trotz Sled-Liebe nachhaltiger zu gestalten.
Der Trailer zum zweiten „Brap Ski“ Film von Karl Fostvedt und einer äußerst sehenswerten Crew ist gerade frisch online. Höchste Zeit, den sympathischen und talentierten Freeski-Pro zum Interview zu bitten und ihn über diverse Themen von Movies über Contest-Formate bis hin zu seinen beiden Firmen auszufragen.
Full Movie: „Brap Ski Vol. 2“
Full Movie: „Brap Ski Vol. 1“
„A film about the 2 ‚funnest‘ sports on the planet: Brappin‘ n‘ Skiin‘ !“
Featuring: Karl Fostvedt, Thayne Rich, McKenna Peterson, Dirt Franco, Lexi Dupont, WingTai Barrymore, Collin Collins, Barrett Cincotta, Matt Guys, Chase Josey
Directed by: Karl Fostvedt, Jasper Newton
Filmed by: Jasper Newton, Dan Gibeau
Interview: Karl Fostvedt aka Crazy Karl über Brap-Skiing und vieles mehr
Hi Karl, was steht an!? Bist du noch zu Hause in Idaho oder schon auf dem Weg zum Kings and Queens Event in Jackson Hole?
Ich bin noch zu Hause in Ketchum und gönne mir gerade einen Tag Pause. In der letzten Woche sind wir täglich von frühmorgens bis zum letzten Licht im Schnee gewesen, was unglaublich anstrengend war. Es sieht so aus, als ob wir heute Nacht 15 Zentimeter Neuschnee bekommen, dann ist unser Spot wieder bereit für die nächsten Shootings.
Wir haben oben in den Bergen eine Zone gefunden, die ideal zum Filmen ist, denn das Gelände lässt ein Riding in beinahe allen Expositionen zu, was gerade bei etwas kniffligen Lawinensituationen von Vorteil ist. Ich glaube tatsächlich, dass wir die Ersten da oben in der Wildnis sind, die dort ihre Lines hinterlassen haben. Wenn ich genauer darüber nachdenke, waren wir in den letzten Jahren bei vielen unserer Drehs in den Bergen rund um Sun Valley die ersten Shredder, die sich dort ausgetobt haben.
Wir haben in Idaho zwar nicht so steiles Gelände wie in der Teton Range drüben in Wyoming, dafür können wir uns hier ungestört bewegen und Neues entdecken. Ich stehe auf diesen abenteuerlichen Pioniergedanken.

Ich gehe mal davon aus, dass du da oben mit deiner neuen Produktionsfirma Native Earth Productions am zweiten Teil von „Brap Ski“ arbeitest, oder?
Stimmt genau. Nach dem großen Erfolg des ersten Teils ist jetzt die gesamte lokale Szene auf den Beinen: Pros, Groms, Filmer, Fotografen und sogar Journalisten – jeder will bei „Brap Ski 2“ mit am Start sein. Dieses Momentum will ich natürlich nutzen und habe mir in den vergangenen Wochen den Arsch aufgerissen, um das Maximum aus den guten Bedingungen herauszuholen. Ich tue das nicht ausschließlich für mich, sondern ebenso für die Kids aus Sun Valley, die ich mit meinem Movie supporten will.
Video: „Brap Ski 2“ Trailer
Karl Fostvedt bringt echten Ski-Porn zurück!
Dein erster Teil hat mich definitiv an die guten alten Tage von klassischen Ski-Movies erinnert. „Brap Ski 1“ kommt also ohne eine Handlung aus, wie sie heutzutage bei Freeski-Videos verpflichtend zu scheint, auch wenn die Story dann oftmals recht dünn daherkommt. Du hast gleich auf derartigen Nonsens verzichtet und reinen Ski-Porn abgeliefert. War dieser Retro-Aspekt von Beginn an so geplant?
Wir wollten einfach innovative Tricks im Backcountry zeigen und das mit etwas Sled Action verbinden. Dafür braucht es meiner Meinung nach keine Story, wie sie die großen Produktionen gerne erzählen. Ich wollte einfach mir und meinen Vorlieben für Ski-Videos treu bleiben. „Brap Ski 1“ ist also klassischer Ski-Porn und das ist gut so!
Auch in der zweiten Ausgabe werde ich diesen Ansatz weiterhin verfolgen. Im Gegensatz zu Teil eins werden wir den Movie aber in Rider-Segmente aufteilen.

Sterben Backcountry-Freestyle Skifahrer aus?
Den absoluten Großteil deines Films nehmen Backcountry-Kicker ein. Diese spezielle Art des Skifahrens scheint etwas auszusterben, zumindest bei uns in den Alpen. Sind die Rider inzwischen zu faul geworden, fette Booter zu bauen, oder was steckt deiner Meinung nach dahinter?
Ich kann nur von mir sprechen. Klar, ich bin keine 20 mehr und die Kicker waren auch schon mal größer, dafür haben wir aber in „Brap Ski 1“ oftmals mehrere Features in eine spaßige Line gepackt.
Ich denke, dass wir so mehr bei den Kids erreichen, als wenn wir uns über die krassesten Booter schmeißen, die die Menschheit je gesehen hat. Unsere Runs sind nachvollziehbar und ermutigen den Nachwuchs, vielleicht ähnliche Lines in die heimischen Berge zu setzen.

Dieses Mindset kommt einem doch bekannt vor. Zumindest für mich ergeben sich zwischen deinem Movie und den legendären Produktionen von Nimbus Productions erstaunlich viele Parallelen.
Der Stil der vier Nimbus-Jungs hat mich in meiner Jugend maßgeblich inspiriert und mich zu dem Skifahrer gemacht, der ich heute bin. Ich bin wahnsinnig dankbar, dass ich Pep Fujas, Chris Benchetler, Andy Mahre und Eric Pollard kennenlernen durfte. Inzwischen sind die vier enge Freunde von mir.
Für viele von uns ist Mike Douglas als Erfinder des Salomon „1080“ und weiterer bahnbrechender Modelle der Godfather unseres Sports. Für mich nimmt diesen Platz allerdings Eric Pollard ein. Spaß und Style stehen bei mir ebenfalls an erster Stelle, sobald ich die Twins an meinen Füßen habe.

Warum veröffentlicht man einen Film kostenlos im Internet?
Lass uns bei deiner Produktion bleiben. Ihr habt euch dazu entschlossen, den Movie kostenlos auf Youtube zu zeigen. Hattet ihr nicht mit dem Gedanken gespielt, „Brap Ski 1“ über die üblichen Plattformen zu verkaufen?
Wir wollten die maximale Reichweite erzielen – und das gelingt dir nur, wenn du die Videos kostenlos anbietest. Außerdem sind wir eine komplett neue Crew und waren uns nicht sicher, wie unser Movie überhaupt ankommen wird.
Man könnte „Brap Ski 1“ und die folgenden Episoden vielleicht als Teaser sehen, die unsere geplante Riesenproduktion ankündigt.
Das wird aber sicherlich noch drei bis vier Jahre dauern, bis wir so weit sind.
In eurem Video lasst ihr euch von euren Pick-ups anziehen und segelt dann über Kicker, die ihr direkt an den Straßenrand geschaufelt habt. Das ist ziemlich neu, oder?
Ich habe einfach versucht, meine Street-Wurzeln mit dem Backcountry zu verbinden. Die erste Hälfte meiner professionellen Skikarriere habe ich mit Street- und Park-Skiing verbracht, die zweite dann im freien Gelände. So kam ich auf die Idee, dass es doch mal cool wäre, Tow-ins im Powder zu versuchen. Und da man für Kicker deutlich mehr Speed benötigt, als Winches in der Lage wären zu erzeugen, haben wir es einfach mit den Trucks versucht. Das Ganze ist selbst hier noch ziemlich fresh.

Stirbt Street-Skiing aus?
Du hältst gewissermaßen immer noch die Urban-Fahne hoch. Seit Level 1 keine Filme mehr produziert, scheint sogar bei euch in Nordamerika etwas die Luft aus dem Street-Skiing heraus zu sein, oder?
Ich denke, es liegt nicht an Level 1, sondern eher daran, dass der Einfluss der FIS auf unseren Sport in den letzten Jahren immens zugenommen hat. Natürlich gibt es immer noch extrem stylishe Contest-Rider wie beispielsweise Colby Stevenson, der sich mit innovativen Tricks von den restlichen Triple-Robotern abhebt.
Doch die vielen Regularien, die der Wettkampfsport mit sich bringt, schränken die Freiheit und das freie Denken im Freeskiing immer weiter ein.
Gleichzeitig wächst aber auch ein Bewusstsein in der Szene, dass unser Sport nicht in Verbandsketten gezwängt werden darf. Bestes Beispiel hierfür wäre der Kings and Queens Event in Jackson Hole. Ein Contest, der komplett ohne Regeln auskommt und den echten Vibe von Freeskiing und Snowboarding versprüht.

Ich würde mir auch wünschen, dass der Red Bull Cold Rush wieder zurückkommt. Wir brauchen diese Art von Contests, um einerseits den Sport weiterzubringen und andererseits einen Gegenpol zur FIS zu schaffen!
Das legendäre Kings and Queens Event in Jackson Hole
Bleiben wir doch gleich beim Kings and Queens, der 2022 zum fünften Mal stattfindet. Zweimal standest du bereits ganz oben auf dem Treppchen. Dir scheint dieses Format also zu liegen. Oder hast du einfach die dicksten Eier? Der Veranstalter spricht ja beim Contest vom „balliest event“ ever.
[lacht] Okay, mit diesem Claim käme ich sicherlich klar. Ich fühle mich einfach safe, wenn ich ins legendäre Corbet’s Couloir droppe.
Von Ketchum bis hinüber nach Jackson Hole sind es mit dem Auto gerade einmal vier Stunden, was für amerikanische Verhältnisse ein Katzensprung ist. Wenn sich also ein heftiger Dump ankündigt, gebe ich mir hin und wieder den Trip nach Wyoming und schmeiße mich dann natürlich auch in die Rinne.

Ich kann also von meiner Erfahrung profitieren und dann beim Contest meine härtesten Tricks zeigen. Inzwischen habe ich viele Shred Buddies in der Teton Range. Das Terrain dort ist meiner Meinung nach das beste, das wir in Amerika zu bieten haben.
Was ist generell der Reiz an den Kings and Queens im Corbet’s Couloir? Anders als in Nordamerika haben wir in den Alpen keine restriktiven Regeln, was das Freeriden im Resort betrifft. Ist das mit ein Grund, warum das Couloir als offizielle Route diesen legendären Status hat?
Das ist sicherlich mit ein Grund dafür. Klar, wir haben, was das Freeriden innerhalb der Skigebiete angeht, deutlich mehr Regeln zu befolgen als ihr in den Alpen. Gleichzeitig rückt die Szene in den bekannten Routen automatisch näher zusammen. Ich denke also, dass gerade der lokale Gedanke und dieser spezielle Vibe dafür verantwortlich sind, dass sich der Event so rasant entwickelt hat.
Von Jahr zu Jahr wollen mehr internationale Pros nach Jackson Hole kommen und sich mit einem Drop in die steile Rinne einen Traum erfüllen.
Einzigartig ist natürlich auch, dass Skifahrer und Snowboarder gemeinsam an den Start gehen. Wo gibt’s das schon?! Aber gut, gegen einen Herrn Travis Rice antreten zu müssen ist jetzt auch kein Zuckerschlecken. [lacht]
Nagt das an deinem Ego, dass du gegen Travis den Kürzeren gezogen hast und letztlich nur auf Platz zwei gelandet bist? Du hast doch sicherlich schon etwas Krankes in der Trick-Schublade, damit du dir diese Schande nicht noch einmal geben musst…
[lacht] Es war eine unglaublich coole Erfahrung, gegen Travis an den Start zu gehen. Wo hätte ich sonst die Möglichkeit gehabt, mich mit einem der besten Snowboarder aller Zeiten messen zu können – und das in einem so relaxten Rahmen wie den Kings and Queens?!
Ich möchte dieses Jahr neue Switch Tricks zeigen. Beim Main Drop in den Chute ist es extrem easy, rückwärts anzufahren. Ich will aber versuchen, beim mittleren und unteren Feature ebenfalls Switch Tricks auszupacken. Mal sehen, ob das klappt.

Skifahren mit Helm: Ja oder nein!?
Sehen wir dich dann wieder mit Helm? Normalerweise verzichtest du bekanntermaßen auf den Kopfschutz.
Beim Contest in Jackson Hole gehört der Helm wie bei allen offiziellen Wettbewerben zur Standardausrüstung. Für gewöhnlich bin ich aber, wie du schon gesagt hast, meistens nur mit Beanie im Schnee unterwegs. Das hat aber einen bestimmten Grund, der womöglich nicht für jeden da draußen nachzuvollziehen ist.
In meinen ersten Jahren als Pro hatte ich mir die Murmel nur auf die Rübe gesetzt, wenn ich mir nicht ganz sicher war, ob zum Beispiel ein Road Gap oder ein anderer Trick mit einem extrem hohen Risikopotenzial nicht ohne einen Crash ausgehen würde. Dies hatte allerdings zur Folge, dass ich dann weniger fokussiert an die ganze Sache heranging und schließlich mit Helm öfter üble Gehirnerschütterungen einstecken musste als ohne.
Ich habe für mich herausgefunden, dass ich nur mit Mütze auf dem Kopf die Risiken viel gründlicher abschätze und somit minimieren kann.
Es hilft mir also, weisere Entscheidungen zu treffen. Wenn mir heutzutage ein Kicker nicht ganz geheuer ist, lass ich’s einfach bleiben. Ähnlich machen es übrigens auch viele Freeride-Pros, die bewusst auf einen Lawinenrucksack verzichten.
Ich kann aber jeden verstehen, der mein Mindset nicht nachvollziehen kann. Es ist mein ganz privates Mental Game. Manchmal setze ich aber tatsächlich freiwillig einen Helm auf wie beispielsweise bei Matchsticks Dreh in Alaska zu „Return to Sender“ oder auch wenn ich mit dem Sled unterwegs bin.

Damit wir jetzt nicht zu deinem Killer-Segment von Matchstick Productions abschweifen, lass uns noch mal zurück zu deiner eigenen Company kommen. Wie kamst du überhaupt dazu, deine eigene Produktionsfirma zu gründen?
Wir haben erst letztes Jahr Native Earth Productions gegründet und gleichzeitig auch ein kleines Label mit dem tollen Namen FKSNDR ins Leben gerufen. Mein langjähriger Freund und Filmer Axel Peterson hat mich bei beiden Projekten unterstützt.
Falls ihr euch mal einen echten Freeski-Movie reinziehen wollt, dann gebt euch „Montana Nosebleed“ von Axels Bridger Brigade Productions. 13 Minuten Straight Punk und feinste Crashes, gesammelt über einen Zeitraum von stolzen zehn Jahren.
Video: Montana Nosebleed: Ten Yeas of Hucks and Heartbreaks
Nachdem unsere Caps, Shirts und Hoodies von FKSNDR einen unglaublichen Zuspruch in der Szene fanden, haben wir uns entschlossen, unsere Produktionsfirma ebenfalls FKSNDR zu benennen.
Wo willst du mit deinen beiden Firmen eigentlich hin? Hast du zum Beispiel vor, für andere Brands Clips zu produzieren?
Um ehrlich zu sein, habe ich mir darüber noch keine so großen Gedanken gemacht. Ich weiß nur, dass ich auch langsam an eine Zeit nach meiner aktiven Karriere denken muss. Das Leben hier in Ketchum ist nicht gerade günstig und das Leben eines Freeski-Pros verschlingt zudem noch einen Haufen Sprit.
Ich bin natürlich unglaublich dankbar, welche Erfahrungen und Erlebnisse mir Freeskiing ermöglicht hat, aber irgendwann muss man wohl den Absprung schaffen und andere talentierte Kids bei der Erfüllung ihrer Träume unterstützen.
So weit ist es aber noch nicht, denn ich bin nach wie vor schwer motiviert, mein Bestes zu geben. Es steht zudem noch mein größtes Ziel aus, das ich erreichen will: Rider of the Year beim iF3. Ich denke, dass ich diesem Traum noch nie so nah war wie momentan, weil ich zurzeit in der Form meines Lebens bin.
In den kommenden fünf Jahren werde ich mir diesen Titel holen, bevor mich mein Körper dann komplett im Stich lässt.

Apropos Sprit: Wie gehst du mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit um? Darf man in Zeiten der Klimaerwärmung überhaupt noch mit Sleds durchs Gebirge knattern und Sprit verblasen?
Wir Amis gelten bei euch Europäern etwas nachlässig, wenn es um die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks geht. Damit liegt ihr oftmals richtig, doch ich mache mir viele Gedanken, wie ich ein nachhaltigeres Leben führen kann.
Aus diesem Grund habe ich mir ein kleine Hütte oben in den Bergen gekauft, um nicht täglich mit dem Truck von Ketchum bis hinauf in den Schnee orgeln zu müssen. Allein das spart schon mehr Sprit ein, als die ganze Crew an einem Tag mit den Sleds verbraten würde.
An der Universität in Utah habe ich übrigens ein Umwelt- und Nachhaltigkeitsstudium abgeschlossen. Neben FKSNDR möchte ich nach meiner aktiven Karriere auch in diesem Berufsfeld tätig werden. Womöglich lässt sich das sogar mit meiner Leidenschaft für die Zimmerei verbinden.
Das Interview mit Karl Fostvedt bekommt ihr auch in gedruckter Form in unserer PRIME Skiing Printausgabe #33. Die Ausgabe könnt ihr in unserem Online-Shop bequem nach Hause bestellen.