Kann man bei der 31-jährigen Michelle Parker schon von ihren goldenen Jahren sprechen? Wahrscheinlich nicht. Dennoch steht die Kalifor­ni­erin radikaler auf ihren Ski­ern als jemals zuvor. Wohl ein Grund, warum MSP mit ihr im Boot das erste reine Mädelssegment produzierte. Wir haben Michelle über den Dreh und ihre eigene Webisode befragt.

Emily Harrington und Michelle Parker am Gipfel des Cotopaxi ©Emily Harrington
Emily Harrington und Michelle Parker am Gipfel des Cotopaxi ©Emily Harrington

Hi Michelle! Im Herbst hast du mit Emily Har­ring­ton ein paar Turns auf dem Cotopaxi gezogen. Vor drei Jahren hattest du auf dem Vulkan in Ecuador schon einmal einen Versuch gestartet – wie ist es diesmal gelaufen?
Es hätte nicht besser sein können! Innerhalb von 48 Stunden sind wir in Quito gelandet und den Cotopaxi in absolut perfekten Konditionen heruntergefahren. Keine Spur von Wind und dafür die besten Schneebedingungen.

der Hike wure mit souligen Turns belohnt ©Emily Harrington
Der Hike wure mit souligen Turns belohnt ©Emily Harrington

Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen, gerade diesen Berg zu befahren, und was verbindet dich mit Emily?
Wir hatten die Idee vor etwa drei Jah­ren, nachdem Emilys Freund Adrian Ballinger mit seiner Firma Alpen­glow Expeditions auf dem knapp 6.000 Meter hohen Cotopaxi unterwegs war. Weil ich bis dahin noch nie einen Berg in solch einer Höhenlage bestiegen hatte, wollte ich es unbedingt lernen; gleichzeitig war es die perfekte Gelegenheit zu sehen, wie mein Körper bei solchen extremen Bedingungen reagieren würde und wie so ein komplexer Ablauf bei einer solchen Challenge um mich herum funk­tioniert.

Wenn man die gleiche Profession und den gleichen Lifestyle teilt, dann verbindet das – vor allem hoch oben auf dem Gipfel. Es ist wirklich eine großartige Freundschaft!

Ich habe bei diesem Trip 2015 unglaublich viel gelernt, obwohl wir es beim ersten Mal nicht auf die Spitze geschafft haben! Überhaupt war es dieser erste Trip, der mich so eng mit Emily zusammen­ge­schweißt hat. Wir kannten uns zwar schon davor ein wenig, nachdem Emily nach Tahoe gezogen war, aber diese Reise hat unsere Freundschaft noch einmal gestärkt. Wenn man die gleiche Profession und den gleichen Lifestyle teilt, dann verbindet das – vor allem hoch oben auf dem Gipfel. Es ist wirklich eine großartige Freundschaft!

Sunrise am Cotopaxi ©Michelle Parker
Sunrise am Cotopaxi ©Michelle Parker

War das ganze Projekt für dich mehr ein privates Anliegen oder ver­steckt sich dahinter eine große Videoproduktion?
Für uns beide war der Trip eine Chal­lenge, die wir aus Leidenschaft be­gon­­nen haben, und das sieht man auch in den Aufnahmen. Aber letztendlich werden wir noch eine Slide­show präsentieren, die das ganze Abenteuer dokumentiert.

Das wäre dann quasi ein weiterer kompletter Girls-Part, nachdem du für „All in“ mit Angel Collinson und ­Elyse Saugstad ja schon den ersten Girls-­only-­Part für MSP produziert hast. Von wem kam die ursprüngliche Initiative?
MSP hatten zwar immer Frauen in ihren Filmen, aber nie mehr als zwei. Es war eine unglaubliche Erfahrung, mit den Mädels unterwegs zu sein, aber wir wollten von Anfang an auch einen Film, der ein Gleichgewicht von Männern und Frauen hat, und ich denke, das haben wir erreicht. Letzt­endlich wollten wir doch nur alle zusammen Ski fahren und etwas produzieren, auf das wir stolz sind. Am Ende war es einfach dieser Wunsch, der uns dazu motiviert hat, MSP unsere Idee zu ­pitchen.

©Christian Pondella
©Christian Pondella

Warum, denkst du, hat es so lange gebraucht, bis Matchstick den ersten reinen Frauenpart in einem der Videos hatte? In der Vergangenheit gab es doch bereits wahnsinnig talentierte Rider wie Freeriderin Ingrid Backstrom oder Sarah Burke auf der Seite der Freestyler?
Ja natürlich. Ich habe mit MSP über die letzten zehn Jahre zusammengearbeitet und sie haben Ladys in ihren Produktionen immer unterstützt – wir haben jetzt nur einfach mal die Initia­tive ergriffen und nach mehr Screen-Time gefragt. Sie waren sofort einverstanden und fanden die Idee toll! Ich glaube, als Frauen müssen wir, genau wie Männer, einfach unsere Möglichkeiten ergreifen. Wir haben einen Plan erstellt, Initiative gezeigt und einfach den ersten Schritt gewagt. Das war eine großartige Erfahrung!

Es ist unglaublich toll zu verfolgen, dass Frauen es inzwischen selbst in die Hand nehmen, Filme und Fotos zu kreieren und alles am Ende zusammenzufügen. Das ist eine wundervolle Sache!

Sandra Lahnsteiner hat mit ­„Shades of Winter“ einen kompletten Frauen­film produziert, der in Europa ex­trem gut ankam. Könntest du dir so was in deiner Hand vorstellen?
Ja! Ich liebe die Vorstellung, mit jemandem in den Bergen zu sein, der mich motiviert und pusht, damit ich das Beste aus mir herausholen kann. Das erlebe ich mit Männern und Frauen. Für mich geht es nicht um Women-only-Produktionen oder -Events, sondern darum, dass mehr Frauen da draußen rausgehen und es einfach machen. Ich liebe es, mit den Jungs Ski fahren zu gehen, und ich habe es auch schon mein ganzes Leben lang geliebt. Ich habe wahnsinnig viel von ihnen gelernt und ich möchte sie deswegen auch in den Fil­men sehen.

Michelle Parker in Akakura Kanko Resort in Japan. ©Eric Berger
Michelle Parker in Akakura Kanko Resort in Japan. ©Eric Berger

Es geht vor allem da­rum, eine Balance zwischen Männern und ­Frauen zu finden und dass man sich von beiden inspirieren lassen kann. Ich selbst tendiere eher zu den Frauensegmenten, am Ende des Tages geht es jedoch darum, generell mehr Girls da draußen zu haben. Es ist unglaublich toll zu verfolgen, dass Frauen es inzwischen selbst in die Hand nehmen, Filme und Fotos zu kreieren und alles am Ende zusammenzufügen. Das ist eine wundervolle Sache!

Mit „Originate“ hast du wahrscheinlich viele Mädels da draußen motiviert, eben genau das zu tun. Mit deiner Webisode hast du schon viele Facetten deines Lebens beleuchtet – wie war die Produktion und wie war es für dich, allen zu sagen, wer du bist und was du denkst?
Es war eine wirklich tolle Möglichkeit, mal etwas ganz Neues auszuprobieren. Ich hatte davor noch nie eine zusammenhängende Serie von Short Edits produziert und zuvor auch nie die Kontrolle über solch eine Staffel. Es war eine aufregende Erfahrung und hat mich als Person und mein Riding total gestärkt. Ich war noch nie so beschäftigt mit Filmen wie jetzt für MSP und „Originate“. Wir starten dieses Jahr in die zweite Staffel von „Originate“ und ich kann es kaum ­abwarten!

Die wichtigste Erfahrung, die ich aus den Verletzungen mitgenommen habe, ist wohl, dass man sich immer eine positive Einstellung behalten soll.

Wir können es auch kaum abwarten – weil die Serie einen sehr persönlichen Einblick in dein Leben erlaubt hat. Ein kompletter Teil beschäftigt sich mit deiner schweren Zeit nach dei­ner Ver­letzung und dem Kampf zurück zur Weltspitze. Was hast du davon ­gelernt?
Die wichtigste Erfahrung, die ich aus den Verletzungen mitgenommen habe, ist wohl, dass man sich immer eine positive Einstellung behalten soll. Der Weg zurück in die Freeride-Elite war definitiv ein langwieriger und teil­weise auch schmerzhafter Prozess während der Regeneration. Ein po­sitives Ende benötigt wohl seine Zeit. Dennoch bereue ich keine meiner Verletzungen oder den Weg, den ich gewählt habe, um dorthin zu gelangen, wo ich jetzt stehe.

Du hast ein unglaubliches Comeback in „Superheroes of Stoke“ ge­­feiert. Man hat hier deinen Shift vom Freestyle hin zum Big Mountain Riding gesehen – konntest du dafür deine Racing- oder Park-Skills gut nutzen?
Ja. Racing gab mir meinen technischen Background – so habe ich Skifahren gelernt. Die Park-Skills helfen mir bei der Kontrolle meiner Air Time und dabei, Jumps in natürlicher Umgebung zu stehen.

Und was ist mit deinem Freestyle in Big Mountain Lines? Du bist eine der wenigen, die einen schönen 360° in ihrem Run stehen würden. Wie Mark Abma… Ihr hängt viel zusammen rum und er ist der Meister für schnelle 360s.
Ich habe das schon oft gemacht und ich liebe Features, die mir einen schnellen 360° ermöglichen. Einen Jump zu bauen und den zu stehen macht unglaublich viel Spaß. Ich gewinne immer mehr Vertrauen nach meinen Verletzungen – fünf Knie­ope­rationen merkt man schon –, das er­kennt man auch in den MSP-Mo­vies. 180s Cliff-offs, Natural Backflips, Switch 180s und 360s sind überall zu sehen. Ich werde in Zu­kunft jedenfalls versuchen, die in radikalerem Gelände zu zeigen.

Da wir gerade schon bei Mark sind: Ihr beide seid oft zusammen un­terwegs, oftmals auch mit euren Sleds. Tatsächlich bist du eine der wenigen Freeriderinnen mit einer eigenen Maschine. Für uns Europäer ist das faszinierend, da es bei uns in den Alpen beinahe überall verboten ist. Wür­dest du dich selbst als echten Sled Neck be­zeichnen und kannst du uns etwas über deinen Hobel ­erzählen?
[lacht] Nein, als Sled Neck würde ich mich nicht gerade bezeichnen. Ich benutze das Teil eigentlich nur in British Columbia – als Mittel zum Zweck, um die langen Wege bis ins Back­country schnell und kraftsparend hinter mich zu bringen. Oftmals wäre lediglich der Heli eine wirkliche Alter­na­tive. Ich habe erst gestern darüber nachgedacht, wie unterschiedlich die Perspektive zu Schneemobilen in Euro­pa ist verglichen mit der in Nordamerika.

Wenn du in Whistler filmen möchtest, brauchst du einfach einen Sled, um die Spots überhaupt erst zu erreichen, an denen man produktiv filmen oder fotografieren kann. Die meisten Filmcrews, mit denen ich zusammengearbeitet habe, nutzen ebendieses Mittel – was natürlich verständlich ist. Ich persönlich bevorzuge aber, meine Felle auf die Skier zu packen und selber den Berg zu hiken. Diesen natürlichen und ökologischen Aspekt möchte ich in Zukunft definitiv stärker promoten. Ehrlich gesagt ist das aber gar nicht so einfach, da es nicht viele Filmer und Fotografen da draußen gibt, die ihr schweres Equipment über einen langen Tag verteilt selber herumschleppen wollen.

IM Denali National Park ©Christian Pondella
IM Denali National Park ©Christian Pondella

Also wird man dich in „Originate“ mehr beim Touren sehen?
Genau. Es macht zwar die ganze An­ge­legenheit etwas anstrengender und wir bekommen nicht so viele Shots in den Kasten, aber ich freue mich schon sehr auf die anstehende Pro­duktion. Ich freue mich auf die Zu­sam­menarbeit mit Reel Water und Red Bull für die zweite Staffel von „Originate“! Die Produktionscrew, mit der ich für „Originate“ zusammen­arbeite, kommt mit schwerem Gepäck und langen Tagen klar.

Michelle in den Sierra Nevada Mountains, California ©Christian Pondella
Michelle in den Sierra Nevada Mountains, California ©Christian Pondella

Wann hast du eigentlich das Skitouren für dich entdeckt?
Im Gegensatz zu vielen anderen hab ich schon mit 18 Jahren meine ersten Skitouren gemacht – und hatte dabei sogar wirklich Spaß. Meine erste Tour überhaupt war übrigens in Südamerika. Schon irgendwie verrückt, wenn ich darüber nachdenke. Ich würde gerne viel öfter aus eigener Kraft mei­ne Lines erreichen, aber beim Shooten sind wie gesagt die meisten Crews auf Sleds oder mit Helis unterwegs.

Dann wünschen wir dir abschließend schon mal viel Erfolg für alle deine Projekte. Und vor allem: Bleib gesund!

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