Salomon Product Manager Benoit Sublet im exklusiven Interview über die Game-Changer Tourenbindung „Shift“ sowie die neue „Stance“-All-Mountain-Kollektion 2021.
Mit der Einführung der „Shift“ hat Salomon Freeskiing verändert. Jetzt müssen sich Freetourer nicht mehr zwischen einer leichten Bindung mit Pins am vorderen Bindungsteil und einer schweren Rahmenbindung entscheiden. Die letztere Gattung dürfte ohnehin dem Untergang geweiht sein. Mit der Neuentwicklung haben die Franzosen eine echte Hybridbindung auf den Markt gebracht, die alle Anforderungen von tourenbegeisterten Freeridern erfüllt.
Interview: Salomon Produktmanager Benoit Sublet
Hi Benoit! Die Salomon „Shift“ kann man zweifelsohne als einen Game Changer bezeichnen. Du hast als Produktmanager maßgeblich zu diesem Erfolg von Salomon beigetragen. Wie hat das Projekt vor fast zehn Jahren eigentlich begonnen und wer hat den Ball damals ins Rollen gebracht?
Alles begann damals innerhalb des Mountain Collective. Die Crew von Salomon-Teamridern aus dem Freeski-Sektor äußerte den klaren Wunsch nach einer neuen Bindung. Diese sollte im Aufstieg wie eine Pin-Bindung funktionieren, bei der Abfahrt jedoch die Sicherheit und Dämpfung einer alpinen Bindung generieren.
Bei einem Meeting in Lake Powell mitten im Sommer ließen die Jungs ihrem Frust freien Lauf, warum es solch eine Hybridbindung immer noch nicht gäbe.
Ich war damals nicht persönlich vor Ort, doch uns war klar, dass wir etwas unternehmen mussten.
Wie ging es von diesem Punkt weiter? Hat euch das Mountain Collective weiterhin auf Trab gehalten?
Ja, natürlich. Die Crew war die entscheidende Triebfeder bei diesem Projekt. Auch wenn Cody Townsend später ausgewählt wurde, um als professioneller Freerider der „Shift“ ein Gesicht zu geben, war es natürlich eine kollektive Arbeit.
Alle Teamrider testeten über die komplette Entwicklungsphase mehrere Prototypen und versorgten uns anschließend mit unglaublich nützlichem Feedback, um genau das Produkt konstruiert zu bekommen, auf das sie so lange hatten warten müssen.
Etwas Vergleichbares gab es bis zur Einführung der „Shift“ nicht, weshalb ihr viel Pionierarbeit leisten musstet, speziell beim Vorderbacken, um Pins und Alpinbindung in dieses Bauteil zu integrieren. Wie lange habt ihr schließlich an dem allerersten Prototyp gearbeitet, bevor ihr diesen testen konntet? Und wie fühlten sich die ersten Schwünge im Schnee an?
Nachdem die grobe Marschrichtung klar war, dauerte es ganze sechs Monate, bis wir den ersten Prototyp in Händen hielten. Glücklicherweise verfügen wir über ein großes Netzwerk reaktionsfreudiger Zulieferer, insbesondere für kleine gefräste Metallteile. Die Bindungsabteilung hat ihren Sitz in Annecy in der Nähe des Vallée de l’Arve, einem der weltweit am stärksten spezialisierten Gegenden für gefräste Präzisions-Metallteile.
Wenn es darum geht, auf einem allerersten Prototyp Ski zu fahren, machen wir das immer intern mit den Jungs aus dem Entwicklungsteam.
Wir führen natürlich zuerst viele Labortests durch, bevor wir uns auf den Schnee wagen, um ein solides Sicherheitsniveau zu garantieren. Aus diesem Grund waren wir bei dieser Premiere auch nicht besonders gestresst.
Was waren die größten Hürden auf dem Weg zur finalen Version der „Shift“? Wie viele Prototypen gab es?
Das Ziel war klar definiert: sicher und robust in der Abfahrt, leicht beim Aufstieg. Von Anfang an versuchten wir, das optimale Verhältnis zwischen diesen beiden Polen zu erreichen. Wir hatten damals wohl einen guten Riecher, als wir spezielles Polyamid testeten, in das Kohlenstoff eingeschmolzen wurde. Dieser Materialmix war zu jenem Zeitpunkt noch nicht wirklich verbreitet. Aber zu deiner Frage: Wie viele Prototyp-Runden wir benötigten, um letztlich die endgültige Version in Händen zu halten, weiß ich nicht mehr. Vielleicht 20?
Ein großer Schritt, um eine Bindung auf den Markt zu bringen, ist die DIN-Zertifizierung. Ist bei euch alles reibungslos gelaufen oder hattet ihr Probleme mit eurer komplett neuen Konstruktion?
Bei uns im Labor stehen genau die gleichen Testmaschinen wie bei euch in Deutschland. Dort zertifiziert übrigens der TÜV die meisten Bindungen der Branche. Wir können also die Einstellungen unserer Produkte extrem fein justieren, um sicherzustellen, dass wir uns perfekt innerhalb der Norm bewegen.
Wir haben die „Shift“ mit einer sehr breiten Palette genormter Stiefel beinahe aller Marken getestet, um sicherzustellen, dass alle Modelle ähnlich gut passen und sich gleichmäßig auslösen.
In den sieben Jahren eurer Entwicklung hat Marker unterdessen die „Kingpin“ auf den Markt gebracht – ebenfalls eine Mischung aus klassischer und Pin-Bindung, aber ohne den alpinen Zehenteil. Damals wurde die erste Hybridbindung extrem gefeiert. Hat euch dieser Umstand nicht zusätzlich unter Druck gesetzt?
Marker hat mit der „Kingpin“ einen guten Job gemacht. Das hat natürlich einige Entscheidungen bei uns beeinflusst, zum Beispiel unsere Entscheidung, für den Abfahrtsmodus einen vollwertigen Alpin-Zehenteil zu integrieren. Denn dieser bietet neben dem Sicherheitsaspekt noch eine größere Kompatibilität mit unterschiedlichen Ski-Boots und richtet sich somit an eine etwas andere Zielgruppe. Konkurrenz hat übrigens noch nie geschadet – sie drängt einen, sich zu verbessern, dynamisch zu bleiben und anders zu denken.
Da hast du natürlich recht. Im Vergleich zu Skiern bestehen Bindungen aus wesentlich mehr Komponenten, die alle entworfen und getestet werden müssen. Wie kann man bei dieser Komplexität überhaupt noch Prototypen herstellen?
Es ist das Paradoxon der Skibindung: Die Bindung muss dich sicher auf deinen Skiern halten, soll dich aber im richtigen Moment loslassen – und dieser Moment ist darüber hinaus noch bei jedem anders definiert. Diese Gratwanderung ist superschwierig umzusetzen und gleichzeitig extrem empfindlich. Über allem steht natürlich die Sicherheit, die für uns an erster Stelle kommt und die wir bei jedem Entwicklungsstadium im Hinterkopf haben.
Wir wissen, dass im Falle eines Unfalls die Bindung als Erstes unter die Lupe genommen wird, auch wenn die Ursache für eine Fehlauslösung primär an abgenutzten Boots oder am Ski selbst zu suchen wäre. Und ja, wir stellen alle Prototypen selbst her. Wir haben langjährige Teilelieferanten und montieren dies direkt in unserer Werkstatt in Annecy.
Ist es nach dem großen Erfolg der „Shift“ möglich, noch mehr Leistung aus der Verbindung zwischen Ski und Schuh herauszuholen? Gibt es Verbesserungspotenzial?
Aber sicher!
Es gibt noch viel Raum für Verbesserungen und Innovation ist doch genau unser Game.
Und bevor du fragst: Nein, ich erzähle dir nicht, woran ich gerade arbeite…
Die Salomon „S/Lab Shift MNC“ 2021 im Detail
Salomon führt die nächste Generation freeridetauglicher Bindungen ein: Die „Shift“ vereint die Toureneffizienz einer Pin-Bindung mit der Performance einer alpinen Freeride-Bindung. Mit einem einfachen Hebel im Zehenbereich wechselst du problemlos vom Touren in der Pin-Bindung zu einer echten Alpinbindung mit Z-Wert 13 für radikale Runs. Und mit einer Elastizität von 47 Millimetern bieten die langen Vorderbacken-Seitenflügel der „Shift“ top Kraftübertragung und Effizienz: einfacher Einstieg, unkomplizierter Wechsel zwischen Ski- und Tourenmodus sowie ein einfacher, intuitiver Zugriff auf die Steighilfen.
Specs: Salomon „/Lab Shift MNC“ 2021
- Z-Wert: 6 bis 13
- Gewicht: 865 g
- Hike-Modus: ja
- Preis: 449,99 Euro
Der Salomon „Stance 96“ 2021 im Detail
Der „Stance 96“ aus Salomons brandneuer „Stance“-All-Mountain-Kollektion steht für Directional Carving mit butterweichem Ride – und das bei jeder Geschwindigkeit. Zwei Titanalplatten verlaufen über die gesamte Länge des Skis und sorgen für mächtig Kantengrip auf hartem Schnee und für satte Torsionssteifigkeit bei sportlichen Turns. Ausreichend Agilität spendiert dabei der leichte Pappelholzern. Wer also gerne mit High Speed und in waagerechter Kurvenlage unterwegs ist, aber dennoch einen vielseitigen Ski sucht, der ist mit dem Allrounder aus Frankreich bestens beraten.
Specs: Salomon „Stance 96“ 2021
- Längen: 168, 176, 182, 188 cm
- Shape: 134/96/116 mm
- Radius: 19,0 m
- Preis: 649,95 Euro
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