Johan Thiel, CEO von MIPS, erklärt uns im Interview die Funktionsweise sowie weiteres Wissenwertes rund um das Hirnschutzsystem der schwedischen Firma für Freeskier und Snowboarder.

Helme waren noch vor wenigen Jahren für viele Freeskier ein rotes Tuch. Die Dinger waren nicht bequem und der Teletubbies-Look hat einfach nicht zum Lifestyle der meisten von uns gepasst. Doch die Helme sind leichter, stylisher und vor allem technischer geworden und kaum einer geht noch ohne den Kopfschutz auf den Berg. MIPS hat in 20-jähriger Forschung ein Helmsystem entwickelt, das beim Sturz auf den Kopf einwirkende Rotationskräfte reduziert und somit die Gefahr von Hirnverletzungen eindämmt. Wir haben Johan Thiel, den CEO des schwedischen Unternehmens, zu Tisch gebeten und uns von ihm MIPS erklären lassen.

Hallo Johan, schön, dass du Zeit für das Interview gefunden hast! Wie bist du bei MIPS in der Geschäftsführung gelandet?
Ich habe 2009 bei MIPS als Vertriebs- und Marketingleiter angefangen. Es dauerte nicht lange, bis die Verantwortung der Produktentwicklung ebenfalls zu meinem Aufgabenfeld gehörte. Wenig später habe ich mich auch noch um den Produktions­aufbau in China gekümmert. 2013 wurde ich dann CEO, als wir nur fünf Leute bei MIPS waren. Heute zählt MIPS 26 Mitarbeiter in Stockholm und zehn in China. Es war und ist für mich eine große Freude, die Kultur und das Team von MIPS aufzubauen und zu sehen, dass sich das Team schon fast wie eine Großfamilie im positiven Sinne entwickelt.

Kannst du einen Unterschied zwischen deinen bisherigen Jobs und dem bei MIPS ausmachen?
In meinen ersten 20 Jahren unternehmerischer Tätigkeit drehte sich fast alles um die wirtschaftliche Entwicklung eines Betriebs oder Projekts, die ich strategisch begleitet habe. Der Fokus lag also immer auf Wirtschaftlichkeit. Um Wirtschaftlichkeit geht es natürlich auch bei MIPS, da wir alle Geld verdienen müssen, aber es gibt einen zweiten Fokus: unsere Kunden bestmöglich vor Hirnverletzungen zu schützen! Es macht einen Unterschied, ob man mit Menschen für die Sicherheit von Menschen an einem Produkt arbeitet oder eben nur auf Wirtschaftlichkeit setzt. Es ist ein schönes Gefühl, wenn wir erfolgreich unser Know-how aus der Forschung in Helmen zum Schutz vor Hirnschäden integrieren können. Teil einer sinnvollen Entwicklung zu sein und nachweislich zur Reduzierung von Kopfverletzungen beizutragen ist eine gute Sache.

Kannst du uns in wenigen Sätzen das Prinzip von MIPS erklären? 
Unser Know-how liegt in der wissenschaftlichen Hirnforschung, die wir durch MIPS in Form von Schutzsystemen in Helme integrieren. MIPS ist ein Hirnschutzsystem, das darauf abzielt, Rotationsbewegungen zu absorbieren, die für Hirnverletzungen verantwortlich sind.

Wie funktioniert MIPS in der Praxis und was unterscheidet das System von anderen?
Das System basiert darauf, eine nied­ri­ge Reibungsschicht zu ermöglichen, die eine Schiebebewegung von zehn bis 15 Millimetern in alle Richtungen erlaubt und so die Rotationsbewegung bei einem Sturz reduziert, die wäh­rend des Aufpralls auf das Gehirn einwirkt. Wer einen Helm mit MIPS in der Hand hält, kann dieses simple und sehr ef­fek­tive System sofort erkennen und mit den Händen ausprobieren. Das System arbeitet genauso simpel, wie es aussieht, und verringert dabei effektiv die Rotationskräfte bei einem Aufprall.

Helme mit integriertem MIPS schützen euer Gehirn nachweislich besser bei Rotationsbewegungen als Helme ohne MIPS.
Helme mit integriertem MIPS schützen euer Gehirn nachweislich besser bei Rotationsbewegungen als Helme ohne MIPS.

Was ist der Schlüssel zum Erfolg, dass heute 60 Helmhersteller MIPS in ihren Helmen integrieren?
Genau die eben erwähnte gut funk­ti­o­nie­rende Einfachheit. MIPS kann in bestehende Helmmodelle integriert oder als Teil eines neuen Designprojekts in Helme implementiert werden. Wir verwenden bekannte Materialien und Produktionsmethoden, die bei allen Produktentwürfen berücksichtigt beziehungsweise verwendet werden, sodass es keine zusätzliche Zeit oder Aufwand benötigt, um den Helm mit MIPS zu entwickeln. Einziger zwingender Zusatz sind unsere Zulassungstests in unserem Testlabor, bevor ein Helm mit MIPS auf dem Markt angeboten werden darf.

An verschiedenen Teststationen werden die Helme mit integriertem MIPS-System so lange getestet, bis ein Helm den MIPS-Ansprüchen ge­recht wird. Erst dann darf ein Helm auf den Markt gebracht werden.
An verschiedenen Teststationen werden die Helme mit integriertem MIPS-System so lange getestet, bis ein Helm den MIPS-Ansprüchen ge­recht wird. Erst dann darf ein Helm auf den Markt gebracht werden.

MIPS ist erfolgreich und zuletzt auch profitabel geworden, obwohl ihr kein eigenes Produkt im Handel anbietet. Euer Know-how ist euer Kapital. Wie schützt ihr euer Fachwissen vor Nachahmern?
Richtig, wir sind ein Zulieferer, der seine Lösungen als Lizenz anbietet. Wir haben die Gründer von MIPS nach wie vor im Unternehmen und pflegen zu ihren Wirkungsstätten, dem ­Royal Institute of Technology und dem Karolinska Institut in Stockholm, ein en­ges Verhältnis, um die Kernkompetenzen auf dem neuesten Stand zu halten. Wir stellen einen Teil der For­schungsprojekte für die Universitäten sicher und haben eine starke R&D-Abteilung aufgebaut, die sich nur auf dieses Thema konzen­triert. Geistiges Eigentum (IP) und Know-how sind für uns die Schlüssel, um MIPS erfolgreich weiterentwickeln zu können, und wir denken, dass wir mit unserer Vorgehensweise und unseren Möglichkeiten die richtigen Leute für uns gewinnen können.

Gab es in der Vergangenheit bereits konkrete Patentverletzungen und wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen?
Ja, wir hatten Rechtsfälle in Bezug auf Patentverletzungen und wir gehen davon aus, dass dies auch noch öfter der Fall sein wird. Wir schützen unser IP-Portfolio, wofür wir entsprechende finanzielle Mittel bereitstellen, um unsere kostenintensiven Forschungen der vergangenen 20 Jahre und alles, was neu dazukommt, schützen zu können. Wer keine finanziellen Mittel zur Sicherung seiner Patente zur Verfügung hat, kann seine Patente international und vor Gericht nicht verteidigen.

Treibt MIPS neben der Sicherung der Patente auch die Produktion einer eigenen Helmlinie voran?
Nein, MIPS wird keine eigenen Produkte auf den Markt bringen. Wir sind ein Zulieferer und werden dies auch in Zukunft bleiben.

Im Moment ist MIPS nur in Helmen in­tegriert. Gibt es noch andere The­men und Produktgruppen, die MIPS in Zukunft bedienen will?
Wir verfügen heute über ein gigan­ti­sches Know-how aus der Hirnforschung, das wir in den vergangenen 20 Jahren erworben haben. Wir werden uns auch weiterhin ganz dem Thema Kopf- und Gehirnschutz ­widmen.

Unsere Leserschaft ist vor allem mit Freeride-Latten oder Twintips unterwegs. Welches MIPS-System ist für welchen Bereich am besten geeignet?
Es geht beim richtigen Kopfschutz primär um den passenden Helm, der für den gewünschten Einsatzbereich entwickelt wurde. Entsprechend zum Helm und zu seinem Einsatzbereich wird von uns das ideal dazu passende MIPS-System implementiert.

Gibt es Innovationen, die wir in naher Zukunft erwarten können? 
Ja, wir sind im Augenblick an einigen neuen Themen dran – aber das erzähle ich dann beim nächsten Mal…

In diesem Sinne, danke für deine Zeit und bis zum nächsten Mal!

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