Die Silvretta Montafon zählt zu den vielseitigsten Skigebieten der Alpen – ein Paradies für Freerider, Powder-Liebhaber und Filmemacher. Doch was macht diesen Ort so besonders, dass er für spektakuläre Lines, Filmprojekte und Neuanfänge gleichermaßen inspiriert?
Für Freeskier Berni Braun ist die Silvretta Montafon weit mehr als nur ein Skigebiet – es ist ein riesiger Freeride-Spielplatz, ein kreativer Drehort und seit Kurzem auch sein Zuhause.
Im Interview verrät er, was ihn an der Region so fasziniert, wie es zur Zusammenarbeit mit der Silvretta Montafon kam und warum die berühmten „Buschen-Spines“ ein absolutes Highlight für Powder-Liebhaber sind.
Neben seinen Lieblings-Spots und Tipps für Freeride-Einsteiger gibt Berni auch einen Ausblick auf neue Filmprojekte und erzählt, wie er nach einem Tag voller Action am liebsten in Schruns entspannt – natürlich stilecht mit einem Weißbier und Kaiserschmarrn.
Interview: Bernhard Braun, Freeride-Pro
Die Silvretta Montafon wird oft als eines der vielseitigsten Skigebiete der Alpen beschrieben. Was macht diesen Ort für dich persönlich so besonders?
Ich mag das Montafon und seine aufgeschlossenen Menschen per se und die Berge hier bieten einfach alles, was das Freerider-Herz höher schlagen lässt. Die schneesichere Lage und das weitläufige Gelände der Silvretta Montafon sind einfach schwer zu toppen. Hänge in jeder Ausrichtung, Steilheit und Form sind nahezu ein Garant für geniale Powder-Abfahrten. Ich komme schon seit vielen Jahren zum Freeriden ins Montafon und bin einfach jedes Mal stoked, dort oben meine Schwünge zu ziehen.
Du wirst neuerdings von der Silvretta Montafon unterstützt – wie kam es zu dem Deal? Und was bedeutet dir diese Partnerschaft?
Die vergangenen Winter habe ich hauptsächlich in meinem Camper-Van „Hubsi“ verbracht. Über die Jahre wuchs jedoch so langsam das Verlangen nach einer Base, an der ich mich mal richtig niederlassen kann – keine auf vier Rädern. Aus obig genannten Gründen bin ich schließlich im November ’23 nach Schruns gezogen.
Da hat es nicht lange gedauert, bis ich auch mit der Silvretta Montafon in Kontakt gekommen bin. Hier ist man sich seines enormen Potenzials bewusst und gewillt, den Freeride-Sport zu unterstützen. Wir konnten uns also recht unkompliziert auf eine Zusammenarbeit einigen.
Es macht mich stolz, ein so attraktives und aufgeschlossenes Skigebiet repräsentieren zu dürfen, zu dem ich einen starken persönlichen Bezug habe und in dem ich auch ohne Kooperation die meiste Zeit Ski fahren würde.
Viele deiner Edits sowie Teile deines neuen Films „Hungry Gravity“ sind hier entstanden. Gibt es spezielle Features oder Spots, die die Silvretta Montafon besonders attraktiv für Film- und Fotoaufnahmen machen?
Ui, ui, ui, jetzt wird’s indiskret… Einen Tipp gibt’s aber! Die allseits bekannten „Buschen-Spines“ im Nova Valley sind eines der absoluten Highlights der Silvretta Montafon. Wenn sich der Schnee dort im Verlaufe des Winters dick über die üppige Sommervegetation legt, die die Ridges großteils überzieht, bildet sich eine zusammenhängende Schneedecke und es entsteht ein wahrlich märchenhafter Ort.
Lange, teils stark abschüssige Spines bestückt mit Cliffs und anderen Features verlaufen hier eine neben der anderen zu Tale. Wenn alles zusammenkommt, also die Schnee- und Wetterbedingungen tief winterlich und stabil sind, kann man sich hier wirkliche Once-in-a-Lifetime-Lines abholen. Auf der Kamera sieht das Ganze natürlich gleich mal ziemlich epic aus.
Wo habt ihr dort hauptsächlich gefilmt?
Für „Hungry Gravity“ haben wir uns meist auf der Hochjoch-Seite aufgehalten. Hier konnte ich im letzten Winter zwei meiner langjährigen Dream-Lines verwirklichen. Vom Kreuzjoch aus direkt durch den großen mit Felsen durchsetzten Kessel hinab Richtung Schruns: Letzten Winter hatte es endlich genügend Schnee, um einen der vielen imposanten Rücken, die sich darin talwärts schlängeln, zu befahren.
Die Schneedecke war ebenfalls stabil genug, um guten Gewissens in das trichterartige Face einfahren zu können. Lawinen sind hier ein absolutes No-Go. Alles, was irgendwo abgeht, kommt zwangsläufig am unteren Nadelöhr zusammen. Trotzdem war es wegen seiner Mächtigkeit und Ästhetik immer schon in meinem Kopf, dort mal den richtigen Moment zu erwischen, wenn es abends hoch oben über Schruns kitschig im Sundowner-Licht leuchtet.
Am Morgen desselben Tags hatten wir bereits die Ostflanke des Hochjochs in Richtung Silbertal befahren: eine 500 Höhenmeter lange Spine inklusive Bottom-out Cliff in perfektem Pulver und Licht. Zwei solcher Projekte an einem Tag zu scoren war im wahrsten Sinne des Wortes schon ziemlich abgefahren.
Video: „Hungry Gravity“ Teaser
Die Silvretta Montafon besteht aus den beiden Teilen Nova und Hochjoch, die durch die Grasjoch Bahn verbunden sind. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede fallen dir auf? Haben beide ihren eigenen Charakter?
Für mich ist die Hochjoch-Seite eher die Sendy Area mit hochalpinem Flair. Hier gibt es mit relativ wenig Aufwand richtig fette Lines zu erreichen. Cliffs, Spines und Windlips in direkter Liftnähe und in jeglicher Ausprägung sorgen für ordentlich Luftstand. Hier kann man es sich ganz schön besorgen.
Das Nova Valley besticht dabei eher durch seine smoothen Geländeformen und weitläufigen Hänge: Platz für massig Turns und Faceshots. Die langen Abfahrten dort sind gespickt mit Windlips und endlosen Landungen – für mich eher die Fun-Shred- und Genießer-Area. Wer jedoch das Steigfell und einen kurzen Aufstieg nicht scheut, findet auch hier größere Lines mit High-Alpine-Charakter.
Ist der Park am Hochjoch für dich eine Option oder verbringst du deine Zeit eher im Backcountry?
Auch wenn ich mittlerweile zu 99 Prozent im Gelände unterwegs bin, schaue ich hier und da mal auf ein paar Laps in den Park. Die Kicker taugen mir besonders gut, um meine bescheidenen Freestyle-Skills bei Laune zu halten. Shout out an die Shape-Crew, die Jungs machen einen richtig guten Job!
Und seit der Park auf der Seite der Hochalpila-Bahn liegt, hat er die perfekte Ausrichtung zur Sonne, was das Ganze noch spaßiger macht! Weiche Landungen und griffige Takeoffs verringern die Hemmschwelle, mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Das gewaltige Panorama dort oben ist ein zusätzlicher Reiz, mal eine Runde durch den Park zu cruisen.
Gibt es neben den anspruchsvollen Freeride-Lines auch Zonen, die du Freeride-Einsteigern empfehlen würdest, weil sie einfacher, aber dennoch spannend sind?
Auf alle Fälle! Das gesamte Gelände rund um die Madrisella-Bahn eignet sich aufgrund der mäßig steilen und offenen Flächen perfekt für noch nicht so erfahrene Freerider.
Die glattere Geländeform macht das Terrain dort einfach weniger konsequent, besser überschaubar und man kann sich in Relation einfach sicherer bewegen. Wer seine Augen offen hält, findet dort zahlreiche Natural Features und schöne Ridge-Lines, auf denen man seine Fähigkeiten ausbauen kann.
Aufgrund der leicht nordöstlichen Ausrichtung hält sich der Schnee dort besonders gut und man findet auch viele Tage nach dem letzten Schneefall noch Powder. Ein wenig anspruchsvoller ist die Area am Hochjoch rund um die Hochalpila-Bahn und Zamangspitze. Dort können sich Einsteiger und Fortgeschrittene in Steilheit und Airtime pushen.
Wie geht es bei dir weiter? Hast du Projekte oder Ideen, die du umsetzen möchtest?
Für dieses Jahr steht wieder ein neues Movie-Projekt an und dafür möchte ich viel in der Silvretta Montafon filmen. Die Liste der Lines, die ich gerne befahren würde, ist lang. Einige davon brauchen aber eine ganze Menge Schnee, um in Shape zu kommen, und somit bleibt abzuwarten, wie sich der Winter entwickelt.
So oder so wird man im Film und auf meinem Instagram-Kanal einige schöne Flecken in der Silvretta Montafon zu sehen bekommen. Zusätzlich zum Movie wird es heuer ein paar YouTube-Episoden geben, die ich ebenfalls im Montafon drehen möchte. Diverse Themen des Ski-Alltags werden auf amüsant bayerische Manier zerlegt.
Und wie oft wird man deinen Van „Hubsi“ jetzt an der Talstation antreffen?
Zum Glück wohne ich jetzt ja hier und kann zu Fuß zum Lift. „Hubsi“ kann es also erst mal gemütlicher angehen lassen. Für zukünftige Powder Hunts kommt er natürlich nach wie vor zum Einsatz.
Nach einem langen Tag in den Bergen: Wie lässt du den Abend in der Silvretta Montafon am liebsten ausklingen? Gibt es einen Lieblings-Spot, an dem du dir ein Helles gönnst?
Idealerweise geht’s direkt auf ein, zwei Weißbier, Backhendl und einen Dinkel-Kaiserschmarrn ins „Posthotel Taube“ in Schruns. An alle Süßspeisen-Fans: Das ist Next-Level-Ware! Abends noch die Videos des Tages bearbeiten, etwas Zeit mit der Lady verbringen und ab in die Kiste. Der Lift sperrt hier um acht Uhr morgens auf, mehr sag ich nicht…