Viele Ski-Brands haben mit dem Boom des Snowboardens Ende der 90er angefangen, auch Boards zu produzieren. Mit dem Freeskiing-Trend wiederum sind Board-Brands auf den neuen frischen Ski-Zug aufgesprungen und haben ihre Produktpalette mit Freeski-Modellen erweitert. Amplid ist weltweit die einzige Brand, die sich von Anfang an konsequent der Entwicklung von Ski und Snowboards verschrieben hat. Ein Grund, mal bei Mastermind und Ex-Snowboard-Pro Peter Bauer in Fischbachau vorbeizuschauen.

Hi Peter, also das ist schon ein schönes Fleck­chen hier bei euch. So ein Home-Office kann auch um einiges schäbiger aussehen als dein Hof hier. Wie bist du denn an dieses Prachtstück gekommen?
Ich lebe hier schon seit fast 25 Jahren. Ich komme ja aus Schliersee, war sowieso auf der Suche nach einem Häuschen und im Bräustüberl wurde mir das als Insidertipp ins Ohr geflüstert. „Keep your ear to the underground“ – war auch bei Amplid schon immer eine Maxime.

Schon klar. Und dein Hausberg Spitzing­see ist nur zehn Minuten entfernt.
Genau! Das hat mich auch extrem geprägt. Hier fährt einfach jeder ab dem zweiten Le­bens­jahr Ski. Alles ist in Spitzingsee ziemlich gut organisiert, was den Einstieg in den Wintersport enorm erleichtert. Ich bin meine ganze Jugend Skirennen gefahren und habe erst mit 18 Jahren zum Snowboarden ge­wechselt. In alten DSV-Punktelisten ist mein Name immer noch zu finden…

Ja okay, aber vorher gab’s halt auch einfach noch keine Snowboards. Das zählt also nicht! Lass uns doch über Amplid quatschen. Was hat sich denn bei euch in letzter Zeit so alles Neues getan?

Unsere Firma ist mittlerweile nach Kirchheim bei München umgezogen. Dort befinden sich Lager, Customer Service, Buchhaltung und alles, was sonst noch so dazugehört. Sales und Marketing sind in Nürnberg – nicht weil‘s am Puls des Shred-Geschehens wäre, sondern einfach weil zufälligerweise Rich, unser Marketingmann, und Gregor, unser Sales-Guy, dort wohnen. Amplid ist momentan ziemlich am Wachsen, vor allem Pally’Hi, unser Merino-Label, bekommt immer mehr Drehmoment. Auch hier haben wir einen neuen Mann im Team: Johannes, der für Pally’Hi das Brand-Management betreibt. Alles übrigens top Skifahrer und Snowboarder! Wer nicht auf seine 100 Schneetage kommt, fliegt raus. Kein Witz!

Okay, dann führen wir jetzt also ein Ein­stel­lungsgespräch mit mir, wenn das so ist – kommt natürlich drauf an, was ihr zahlt… Spaß beiseite: Du warst ja früher selber Snow­board-Pro. Was hat dich damals bewogen, Snowboards und Freeski-Modelle zusammen in einem Core Label zu produzieren? Damals waren sich ja Snowboarder und Skifahrer noch nicht so freundlich gesinnt. Musstest du dir da ein paar Kommentare aus der Szene anhören?

Ich war ja fast 20 Jahre bei Burton und hab vom Teamrider über Marketing bis R&D alles mitgemacht. Viele Boards sind damals meiner Feder entsprungen – vom „Safari“ über das „Supermodel“ bis zum „Custom“. Dann hat mich mein Freeski-Spezi Anian Thrainer mit der Idee angehauen, Skier zu produzieren. Also sind wir ins Burton-Werk nach Österreich gefahren, um für ihn die Pro­duktion in Gang zu bringen. Dort hat mich der Fabrikbesitzer überredet, unter dem­selben Label auch Boards zu vermarkten. Eigentlich waren wir ja beide aus der „Apart­heit“-Ära, in der Skifahrer über Snow­boarder schimpften und andersrum. Aber uns war das eigentlich immer egal – Diskriminierung zur Identitätsfindung? Das war nicht unser Weg. Für uns war wichtig: Träumst du vom perfekten Powder Face, vom geilsten Park oder vom sickesten Cliff? Dann teilst du eine gemeinsame Philosophie mit uns. Deswegen wollten wir ein Anti- „Apartheits“-Statement setzen und haben Amplid gegründet.

Eigentlich waren wir ja beide aus der „Apart­heit“-Ära, in der Skifahrer über Snow­boarder schimpften und andersrum. Aber uns war das eigentlich immer egal – Diskriminierung zur Identitätsfindung?

Inzwischen vertragen sich ja auch alle auf dem Berg. Aber da wir schon bei „Ver­hält­nis“ sind: Wie sieht bei euch momentan die Relation von Ski zu Snowboard aus – in Bezug auf den Absatz?
Das schwankt. Mal sind es mehr Ski, dann wieder mehr Boards. Je nach Land, Importeur und Trend. Zu Zeiten von Wallisch, Stepp und McRae waren wir sehr park-lastig. Momentan geht sehr viel in Richtung Freeride. Aber auch Splitboarding ist ein sehr starkes Segment bei uns.

Und wie sieht es da in Bezug auf die Entwicklung aus? Könnt ihr Technologien von Skiern auf Boards transferieren – und natürlich auch umgekehrt?

Das Ganze geht seit jeher Hand in Hand. Skibau ist eine österreichische Kernkom­pe­tenz, so wie die Deutschen die besten Autos bauen und die Schweizer die besten Uhren. Skifahren hat die Konstruktionsseite dahin gebracht, wo sie heute steht. Snowboarding hat Breite ins Spiel gebracht, Tail­lie­rung und Rocker. Man befruchtet sich gegenseitig. Und das ist gut so. Amplid baut vom ersten Tag an Ski und Snowboards. Und jeden Tag lernt die eine Seite von der anderen. Wir sind auch beim Shredden immer mit einer gemischten Gang unterwegs. Selbst bei der Fahrtechnik und beim Style kann man von den anderen was lernen. Dieselbe Philosophie teilen wir eh schon.

Langsam scheint es auch wieder aufwärts zu gehen mit den Boardern. Worin lag denn deiner Meinung nach das große Loch in der Board-Branche?
Snowboarding wurde von den Medien und der Industrie zu extrem in Form von Flugsport und Rail Action dargestellt. Aber eigentlich geht’s den meisten Snowboardern doch um den geilsten Powder Turn – auch wenn es banal klingt. Und beim Skifahren ist es nicht anders. Snowboarding hat vor ungefähr zwei Jahren die Talsohle durchschritten und erfindet sich gerade wieder neu. Es ist ehrlicher, befreiter von zu strenger Style-Police, es darf wieder Directional gefahren werden. Eine ähnliche Entwicklung ist übrigens auch beim Skifahren zu sehen. Der Markt erkennt, dass Park-Skiing nicht die einzige Art von progressivem Skifahren ist. Wenn ein Rider es schafft, sein Free­style-Können im Gelände umzusetzen, dann ist das für mich momentan der kompletteste Rider. Schau dir Julien Lange an – ein perfektes Beispiel. Beim Snowboarden wäre es für mich Nicolas Müller.

Julien steht schon krass gut auf den Ski­ern. Ich war letztes Jahr mit ihm shooten und kann dir da nur zustimmen. Lass uns noch mal zurück zum Skibau kommen. Ihr habt ja schon sehr früh mit Carbon he­rum­experimentiert und wart der Zeit mit leichten und breiten Free­ride-Latten etwas voraus – und das als „kleine“ Brand. Wo geht’s da in Zukunft noch hin? Sowohl im Freetouring- als auch im Splitboard-Bereich tut sich momentan recht viel.
Schon im ersten Amplidjahr hatten wir den Infrablack Ski mit einer 108 mm breiteiten Taille – vor zwölf Jahren war das noch richtig breit! Bereits dieser Ski war mit einem Carbon-Glass-Mischgewebe vepresst und sehr leicht. Als Damenmodel kam dann der Infrawhite. Wir haben sehr viel von diesen Modellen verkauft, vorallem in Skandinavien, zum Telemarken oder mit einer Fritschi Diamir. Es existierte einfach nichts leichteres in dieser Breite – und zum Tourengehen mit dem Ziel, vernünftig runterzuballern, gab es nichts vernünftiges. Diese Konstruktion haben wir dann immer weiter verbessert, also mit dem Carbon-Glass-Verhältnis und den passenden Kernhölzern herum- experimentiert. Hier haben wir mit dem „Milligram“, dem leichtesten Splitboard der Welt, eine echte Benchmark gesetzt: zwei Jahre hintereinan­der ausverkauft! Nun kommt der „Facelift“-Ski, hier haben wir die Topless-Bauweise vom „Mil­li­gram“ übernommen. 108 Millimeter unter Fuß und circa 1.600 Gramm – da können sich einige Brands warm anziehen! Wir wollen mit diesem Ski aber sicherlich nicht die Lycra-Fraktion ansprechen, die zum Gipfel hochrennen und dann mit Spitzkehren wieder ins Tal stolpern. Maxime Nummer eins ist der Genuss bei der Abfahrt, also ei­nen Ski anzubieten, mit dem man das Gelände spielerisch ausnutzen kann. Und wenn dies dann noch der leichteste Ski ist – gemessen in Relation zur Auflagefläche –, umso besser beim Aufstieg.

Schon im ersten Amplidjahr hatten wir den Infrablack Ski mit einer 108 mm breiteiten Taille – vor zwölf Jahren war das noch richtig breit! Bereits dieser Ski war mit einem Carbon-Glass-Mischgewebe vepresst und sehr leicht.

Erzähl uns doch etwas darüber, wie ihr den „Facelift“ entwickeln wolltet.
Einen leichten Ski zu bauen ist nicht so schwer. Aber Leichtigkeit zu kombinieren mit Bruchfestigkeit und einem geilen Feeling beim Shredden, das ist sehr komplex. Carbon als Werkstoff ist sehr störrisch. Es ist wichtig, dass die hohe Zugfestigkeit, die den Ski nervös macht, mit der richtigen Holzwahl wieder gezähmt wird. Wir haben fast zwei Jahre am „Facelift“ rumgedoktert. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist ein circa 1,6 Kilo leichter Wunder-Twintip-Ski mit einer Waist von 108 Millimetern! Und einem geilen Fahrgefühl bei allen Bedingungen.

Wie bringt ihr das mit dem Carbon überhaupt hin, schließlich habt ihr kein eigenes Werk, in dem ihr pausenlos Prototypen herstellen könntet.
Wir arbeiten sehr eng mit Mothership in Kärnten zusammen, das ist die modernste und umweltfreundlichste Fabrik, die es auf der Welt gibt: völlig CO2-neutral und energieautark, mit Wärmetauscher und eigenem Was­serkraftwerk – unglaublich. Hier haben wir eine eigene Prototypenanlage, das heißt eine modulierbare Skiform sowie eine spezi­elle Prototypenpresse. Von der Idee über die Zeichnung bis hin zum fahrbaren Proto im Schnee brauchen wir ungefähr drei Tage. Das schafft sonst, glaube ich, niemand. Ich habe mein Handwerk bei Burton gelernt und kenne alle Materialanbieter auf diesem Planeten. Das ist ein wertvoller ­Wissensvorsprung.

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