Bis in die 50er-Jahre war Livigno im Winter von der Außenwelt abgeschnitten, was dem Hochtal den Beinamen Piccolo Tibet einbrachte. Aus diesem Eremiten-Dasein hat sich der Ort schon lange befreit und ist durch die gewaltigen Burgen der Nine Knights zu weltweitem Freestyle-Ruhm gelangt. Das Event ist zwar inzwischen weitergezogen, doch ein superfeiner Park findet sich als stummer Zeuge dieser Ära immer noch in Livigno. Neben diesem lockt das Resort mit leicht erreichbaren Powder-Abfahrten, Duty-Free-Shopping, Sleds und Heli­skiing Freeskier aus der ganzen Welt in die Lombardei.

Einen Katzensprung von der Schweiz entfernt hat sich Livigno sei­nen alpen­län­­di­schen Cha­rak­ter bewahrt: Bet­ten­burgen? Fehl­an­zeige. Der lang gestreck­te Ort ist einge­rahmt von den zwei Teilen des Ge­biets, die durch Busse mit­ei­nan­der verbunden sind. Mit der Mottolino-Gondel und dem an­schlie­ßen­den Ses­sel­lift geht es auf den 2.785 Meter hohen Monte della Neve. Von hier oben startet man auf breite baumfreie Hänge, die die Skills eines jeden Rider auf die Probe stellen. Eine große Auswahl an roten Pisten bietet die andere Talseite am Lago Salin, ebenfalls mit der Gondel aus dem Ort gut erreichbar.

Motto des Mottolino Snow Park

Hier kriegt jeder, was er braucht. Stellvertretend stehen dafür eine Small, Medium, Large und Extra Large Line. Kleine Boxen und Roller finden sich in der Small Line, wobei die Medium Line neben Kickern und Boxen auch Rails bietet. Wo der Hammer hängt, zeigen die L- und XL-Line, deren fünf Kicker über Tables von 12 bis 24 Meter verfügen. Bei dieser Größe sind die Landehügel der Extra Large Line in anderen Gefilden eigene Skigebiete! Aber das ist natürlich noch lange nicht alles: Der Metro Park bringt mit seinen 20 urbanen Features, unter anderem ein Multiple Stairset und Industry Jibs, Großstadt-Feeling auf den Berg. Doch auch Entspannung ist hier angesagt. Auf der Terrasse des „M’Eating Point“ lassen sich bei Pasta und Cappuccino die Locals und Pros in der XL Line am besten beobachten. Kein Wunder also, dass die Goeppers, Wallischs, Hunzikers oder Eders sich regelmäßig die Klinke in die Hand drücken.

Unweit vom Park findet man bereits die ersten Pow Lines: einfach den Ses­sellift vom Mottolino auf den Monte della Neve nehmen. Der Osthang, der sich von oben eröffnet, ist gute drei Kilometer breit und die vielen Kuppen bei der Abfahrt schreien nach Kicker-Land – wer sich links hält, findet auch steile Passagen. Unten im Tal be­findet sich das höchste bewohnte Dorf Europas: Trepalle in der Vallaccia. Die Hand raus und mit dem Skibus geht es zurück. Auf der anderen Talseite an der Vetta Blesaccia und am Lago Salin finden sich ebenfalls viele Gelegenheiten, abseits zu fahren – einfach Augen und Ohren offen halten.

Heliskiing in Livigno

Und falls eure Augen nichts Interessantes erspähen sollten – was kaum möglich sein dürfte –, habt ihr in Livigno die Möglichkeit, euch mit dem Heli zu den umliegenden Gipfeln flie­gen zu lassen und dort ungestört eure First Tracks auf das italienische Powder-Papier zu malen. Im riesigen Gebiet um Livigno und die Alta Valtellina werden eine Vielzahl von Drop-off-Points angeflogen. Die Pick-ups befinden sich am Carosello 3000 und in Mottolino. Wer also auf einen unvergesslichen Tag in den italienischen Bergen scharf sein sollte, darf sich den exklusiven Lift mit dem Heli nicht entgehen lassen. Klar, dieser Shuttle-Service ist nicht gerade günstig, entschädigt aber allemal – vor allem wenn es schon länger nicht mehr geschneit haben sollte.

Freeride-Potential

Generell hat Livigno in den letzten Jahren mächtig Gas gegeben, um die Freerider in das einst abgeschiedene Tal zu locken. Neben dem European Freeride Festival und einem Stopp der FWT Qualifier haben sich die Betreiber viel einfallen lassen, damit Powder-Fans hier auf ihre Kosten kommen. Dabei steht die Sicherheit im ungesi­cherten Gelände an erster Stelle. Während in Italien Freeriden, also das Verlassen der ausgezeichneten Pis­ten, ge­setz­lich von Region zu Region unterschiedlich gehandhabt wird und teilweise sogar verboten ist, hat sich Livigno 2013 klar fürs Skifahren im freien Skiraum positioniert und mit dem „Freeride Project“ ein nützliches Tool geschaffen, um alle nützlichen Informationen gesammelt auf der Web­seite übersichtlich zu verpacken. Dort finden sich nicht nur die aktuel­len Lawinenbulletins vom regionalen Service ARPA und dem schweizerischen SLF, sondern man kann sich auch die Lawinen­lageberichte der gesamten Saison anzeigen lassen. Somit können sich erfahrene Freerider ein viel bes­seres Bild von den momentanen Be­dingungen vor Ort machen. Doch auch an die Einsteiger wurde gedacht. Am Carosello 3000 befinden sich nämlich zwei „Freeride Approaching Areas“. In diesen klar abgegrenzten und gesicherten Arealen können sich Einsteiger an ihren ersten Schwüngen abseits der präparierten Piste versuchen, ohne sich LVS, Schaufel und Sonde ausleihen zu müssen. Wer auf den Geschmack gekommen ist und weiter ins Backcountry vordringen will, benötigt dann natürlich die obligatorische ­Sicherheitsausrüstung.

Livigno hat neben Park und Free­ride aber auch sonst noch einiges zu bieten, denn die Zollfreiheit macht Ausgehen und Tanken – natürlich auch Alkohol – sehr günstig in dem kleinen Dörfchen. Big trouble in Little Tibet.

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