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Seit die Minen nun schon viele Jahre stillliegen, stellt heutzutage der Touris­mus eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Region dar. Daher sind die Kootenay Rockies voll gepackt mit Cat-Skiing- und Heli-Skiing-Betrieben sowie jeder Menge Backcountry-Lodges. Das 20 Kilometer östlich von Nelson gelegene Whitewater ist jedoch immer noch das Hauptskigebiet der Region. Schon auf dem Weg dorthin erahnt man das Potenzial. Die Straße nach Whitewater windet sich durch das Tal und dann den Berg hinauf. Links und rechts führt sie zwischen steilen Hängen und verschnei­ten Tannen entlang. Das Gebiet an sich sieht dabei zunächst unspektaku­lär aus: ein riesiger Parkplatz und die Tages-Lodge, an deren Seiten sich alte, langsame Sessellifte den Berg hinaufquälen. Es mag charmant und rustikal wirken, doch das Terrain dort ist einsame Spitze, ebenso wie das Essen im „First Tracks Café“ in der bescheidenen Lodge. Das ist ohne Zweifel eines der besten Bergrestaurants in Nord­amerika. Oft hat man hier keinen Handyempfang und der Strom fällt unerwartet aus – doch niemand beschwert sich.

„Oft hat man hier keinen Handyempfang und der Strom fällt unerwartet aus – doch
niemand beschwert sich.“

Nach meinem ersten Trip vor 17 Jahren war schnell klar, dass sich Kana­das British Columbia und im Speziel­len die Kootenay-Region zu meinem Lieblingsziel entwickeln würde, das ich am häufigsten bereisen sollte. Zuerst nur als Ski­-Desti­nation, doch da ich mit der Zeit immer mehr Freunde in Nelson und später auch Revelstoke fand, standen erste Besuche im Sommer an. In den warmen Monaten sind die Kootenays fast noch schöner. Die Trails und die Mountainbike-Kultur sind nicht ohne Grund genauso besonders wie die Skikultur. Doch uns interessiert der Winter mehr…

Lebende Legende

An der 4 Mile Road nur ein Stück nördlich von Nelson steht Bill Sproul in seinem Keller und gibt seinen Skiern den letzten Schliff. Draußen ­schneit es und man kann die Flocken vor dem Fenster zu Boden schweben sehen. Obwohl die Saison weit davon ­entfernt ist, Rekorde zu brechen, ist der 64-jährige Bill aufgeregt wie jedes Jahr. Neben der Werkbank hängen seine Lieblingsskimodelle seit den frühen 70er-Jahren. Eines der ältesten Paare sind zwei brutal harte, 210 Zentimeter lange Dynamics, doch er hat auch für moderne Waffen Platz in seiner Sammlung. Einen 4Frnt „Hoji“ in 185 Zentimetern macht man unter den ungefähr 30 Paaren schnell aus. Der Mann hat Geschmack!

Bill ist in Nelson eine lebende Legende. Noch bevor es das Skigebiet in Whitewater überhaupt gab, ging er dort hinauf und war einer der Helfer, die die Pisten anlegten und Bäume fällten. Durch ihn nahm das Skigebiet in den 70ern Form an. Später sollte er einer der Protagonisten in Bill Heath’ Kultfilm „Ski Your Ass Off“ sein, da­rüber hinaus Skilehrer, Pistenraupenfahrer, Heli-Guide und Shop-Besitzer. Zu behaupten, er hätte sein ganzes Leben dem Skifahren gewidmet, wäre eine Untertreibung.

„Die Gänge funktionieren nicht richtig und die Bremsen sind – sagen wir mal – interessant.“

Heute arbeitet Bill als Gutachter und das hauptsächlich im Sommer, weshalb er im Winter viel Freizeit zum Skifahren hat. Natürlich geht er es heute etwas ruhiger an als in jungen Jahren, trotzdem spielt das Skifahren immer noch eine Hauptrolle in seinem Leben. In der Saison fährt er jeden Morgen die halbe Stunde hoch nach Whitewater, um dort einen Kaffee mit seinen Freunden zu trinken und ein paar gemeinsame Runs zu genießen. Wenn es die Bedingungen zulassen, zieht es ihn auf den Run, der nach ihm benannt wurde: Sproulers. Er fand ihn einst im Wald und der Run bietet jede Menge Pillows und Felsen für Drops.

„Skifahren hat mein ganzes Leben in Anspruch genommen, auch als ich im College war. Jeden Morgen wenn ich zur Schule fuhr und es im Radio hieß, es gäbe 30 Zentimeter Neuschnee, konnte ich nicht widerstehen und musste die Abzweigung nach Whitewater nehmen. Skifahren war meine Leidenschaft, auch wenn die Bildung darunter zu leiden hatte. Ich wurde nie­mals reich, habe aber so viele schöne Erlebnisse auf Skiern gehabt. Wenn ich zurückblicke, bedeuten mir diese mehr”, sagt Bill mit einem verträumten Glanz in den Augen.

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