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Alaska aus eigener Kraft (4/5)

Dane wählt eine eher technische Va­riante, die so steil ist, dass er für seinen Drop-in teilweise mit dem kompletten Körper am Hang liegt – oder besser gesagt lehnt. Ich selbst bin so nah dran, dass ich mit ihm sprechen kann, ohne meine Stimme großartig heben zu müssen. Seine Konzentration ist spürbar, während er seinen Weg von Spine zu Spine bahnt.

Mein Herz rast, als Dane die Schlüsselstelle seiner Line erreicht, und atme schnell, als ich ihn kurz aus den Augen verliere. Doch plötzlich taucht Dane wieder auf und schießt in das offene Schneefeld am Fuße des Bergs.

Game On

Die Zeit am Gipfel kam mir vor wie eine Ewigkeit, doch nun bin ich endlich an der Reihe. Der Einstieg ist et­was merkwürdig, zunächst muss ich ein paar Meter Flat überwinden, bevor es dann mit einem Schlag unglaublich steil wird. Diese Gegebenheit zwingt mich dazu, regelrecht in meine Line hineinzuspringen. Einmal drin gibt es kein Zurück. Nach der Kante heißt es: Game on! Ich rutsche eine der unglaublich steilen Spines hinunter, was in etwa kontrol­liertem freien Fall gleicht, ehe es im Zickzack durch Cliffs und hügeliges Terrain geht.

Danach kehre ich zur Haupt-Spine zurück, die nun noch steiler wird, weswegen ich die Bottom Zone gar nicht mehr sehen kann. Am Bergkamm entlang kämpfe ich meinen Weg weiter hinunter, neben mir fällt das Gelände 100 Meter ab bis zum Gletscher weit unter mir. Endlich taucht das letzte technische Feature meiner Line auf. Nur noch ein Turn nach links und ich droppe das letzte Cliff, bevor ich auf die anderen Jungs zuschieße und mir die verdien­ten High Fives abhole.

Was hier nach Minuten klingt, spielte sich alles in Sekunden ab. In mir herrscht ein Gefühlschaos. Wäre ich nun gerne direkt wieder oben am Drop-in oder bin ich insgeheim froh, alles unbeschadet überstanden zu haben? Ich bin mir nicht sicher.

Kreislauf

So hat der letzte Hike des Trips auch einen bittersüßen Beigeschmack. Unser Rhythmus die letzten Tage hatte sich so eingespielt: In der Dämmerung ging es hoch zu den Gipfeln, danach stand Freeriden bis in die späten Abendstunden auf dem Programm. Zurück im Basecamp blieb oft nur noch Zeit, um schnell einen Bissen zu fassen und danach eine Handvoll Stunden Schlaf abzubekommen, bevor es wieder von vorne losging. So ein Tagesablauf ist natürlich zermürbend, aber das Skifahren entschädigt für alles. Keiner von uns hätte sich je beschwert oder nur angedeutet, müde zu sein. Im Gegenteil, die Aufstiege und Abfahrten gaben uns Kraft. Es war so, als würde man eine lange Tasse Kaffee genießen, nur um den Geschmack dann mit einem Red Bull runterzuspülen.

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