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Ein fettes Alaska-Segment gehört zu jedem TGR-Streifen wie süßer Senf zu Weißwürsten. Für „Tight Loose“ haben sich die Jones-Brüder aber etwas Besonderes einfallen las­sen, denn nach den legendären AK Dream Camps der vergangenen Jahre wurde auf Helis verzichtet, sodass sich Dane Tudor, Griffin Post und Ian McIntosh die Spines erst hart erkämpfen mussten, bevor sie ihr Lines in die ­steilen Faces hacken durften.

Alaska aus eigener Kraft (1/5)

In meinem Zelt herrschen absolute Dunkelheit und eine unheimliche Stille, während ich auf das erste Ta­ges­licht warte. Mit Mühe befreie ich einen Arm aus dem wärmenden Minus-20-Grad-Schlafsack, um einen Blick auf meine Uhr zu erhaschen. 8:30 Uhr sagen die Ziffern an meinem Handgelenk. Ob es wohl aufgehört hat zu schneien? Und warum ist es noch so dunkel da draußen? Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen: Mein Zelt ist unter einer dicken Schneeschicht begraben, die es von der Außenwelt und dem Schneesturm, der da draußen tobt, komplett abschirmt.

Mit zwei befreiten Armen gebe ich meiner Zeltwand einen entschlossenen Stoß, woraufhin diese nur widerwillig nachgibt und über mir ein etwa 30 Zentimeter großes Fenster in der Schnee­decke entsteht. Kurz erhellt sich der Innenraum, bevor Schneebrocken nachrutschen und das Licht wieder abschotten. Ich murmele vor mich hin, während ich meine Outerwear überstreife und einen Tunnel zur Freiheit schaufle.

Downdays

Dieser Schneesturm sollte wirklich jedem Wunschtraum gerecht werden. Ein Meter Schneefall für jeweils die nächs­ten drei Tage: Es war eine der Wet­ter­vorhersagen, die eigentlich viel zu schön sind, um wahr zu sein – die Art von Forecast, die man sonst nur aus dem Facebook-­Stream kennt und die einen daheim das Tagträumen beginnen lässt. Dieses Mal jedoch waren wir zur richtigen Zeit am richti­gen Ort und es schneite tatsächlich jede Stunde gute zehn Zentimeter.

Es war eine der Wet­ter­vorhersagen, die eigentlich viel zu schön sind, um wahr zu sein – die Art von Forecast, die man sonst nur aus dem Facebook-­Stream kennt und die einen daheim das Tagträumen beginnen lässt.

Akribisch befreie ich immer wieder die Umgebung meines Zelts vom Neuschnee, wozu ich mich jedes Mal dem Schneesturm aussetzen muss. Und jedes Mal aufs Neue stelle ich fest, dass alles in eine dicke wei­ße Schicht gehüllt ist – die traum­haften Lines, die sich von den umliegenden Gipfeln schlängeln, ebenso wie die um­liegenden Zelte meiner Kollegen. Unterschiedliche Weißtöne, so weit das Auge reicht. Ich bahne mir einen Weg durch hüfthohe Schneemassen in Richtung Lagermittelpunkt, wo ich erst mal einen schön heißen Kaffee für alle Mann aufsetzen möchte. Im Zentrum angekommen muss ich jedoch feststellen, dass unser Küchenzelt unter den Schneemassen kollabiert ist. Es ragen nur noch schiefe Zelt­stangen aus dem weißen Gold. Ein Seufzen entflieht meinen Lippen und ich akzeptiere die doppelte Hi­obs­botschaft: Zum einen muss das Zelt wieder provisorisch hergerichtet werden, zum anderen muss das Ganze ohne den Antrieb eines frischen Kaf­fees geschehen. Ein Teil in mir will direkt auf den Hacken umkehren und sich wieder in die woh­lige Wärme des Schlafsacks verkriechen, der andere Teil akzeptiert widerwillig den Fakt, dass diese Arbeit erledigt werden muss. Also wecke ich die Crew: „Aufwachen, Leute, wir haben ein Problem“, krächze ich durch das Base­camp, wobei ich meine eigene Müdigkeit kaum verbergen kann.

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